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Der richtige Moment für ein Reisefoto von Menschen

Chicha
Not ready
Rosa mit Sohn vor der Türe

Ich liebe es zu reisen und fotografieren. Klar – ansonsten würde ich nicht schon seit mehr als 30 Monaten durch Südamerika tingeln. Ständig bin ich auf der Suche nach neuen Abenteuern und neuen Begegnungen. Ich bin auf der Suche nach besonderen Momenten. Ich habe eigentlich immer eine Kamera im Gepäck. Meist meine Nikon  mit einer 35mm oder 50mm Festbrennweite. Für gewöhnlich folge ich keinen vorgeschriebenen Routen oder allgemeinen touristischen Zielen. Vielmehr lasse ich mich von meinem Gespür leiten. Ich erkunde die unbekannten Gegenden ziemlich, ja, frei Schnauze eben. Je nachdem wo ich gerade bin, laufe ich so durch fremde Gassen der Städte, kleine Dörfer oder über weite Landschaften.

Die letzten Tage bin ich sehr viel in abgelegenen Dörfern Perus unterwegs. Als „Gringo“ oder „Gringito“ ;-) fällt man hier natürlich sofort auf. Das schöne an Peru ist, dass die Menschen sehr nett sind und keine große Scheu oder gar Abneigung gegen Auswärtige haben. Oft werde ich von Unbekannten angesprochen. Sie fragen mich woher ich komme, nach meinen Namen, was ich hier tue und sonst dergleichen. Die Menschen sind interessiert und ich schenke ihnen die gleiche Aufmerksamkeit wie sie auch mir. Manchmal ergeben sich dabei wirklich die komischsten Situationen. Vor kurzem bin ich z.B. durch solch einen Zufall am Ende auf einer wilden Hochzeitsparty in den Bergen um Cusco gelandet. Das kommt natürlich nicht immer vor. Meistens ist es nur die kurze Begegnung die bleibt. Als Fotograf auf Reisen ist man natürlich auch immer darauf aus, dass ein oder andere Foto zu schießen. Über Jahre ist es mir wirklich schwer gefallen auf Menschen zuzugehen und sie um ein Foto zu bitten. Einfach drauf los knipsen ist nicht so mein Ding, wobei ich was das angeht mittlerweile auch etwas schmerzfreier geworden bin. Wichtig ist mir der Kontakt, sei er auch nur kurz, sei es auch nur ein Handdruck oder ein freundliches Lächeln.

 

Kein Foto von mir
Junge der kein Foto machen will

 

So traf ich also vor kurzem diese peruanische Frau bei einem meiner Spaziergänge. Rosa ist ihr Name. Noch bevor ich ihr nahe bin fragte sie mich schon ob ich hier einen kleinen Ausflug machen würde. „Ja“, antworte ich, „heute ist doch so ein schönes Wetter und mir gefällt dieses kleine Dorf.“ Sie fragt mich woher ich komme, was ich hier will usw.. Ab und an scheinen hier auch andere Touristen vorbei zu kommen, aber selten laufen sie hier alleine durch die Gegend, erfahre ich von ihr. Während wir uns so unterhalten meldet sich meine dritte, fotografische Gehirnseite zu Wort. „Hey – das ist doch ein tolles Motiv, die Wand, der Junge, die Frau, die Farben – schieß ein Foto!“ Ich unterhalte mich weiter mit der Frau und beobachte wie sie nebenbei noch näher an die Wand rückt. Ihr Sohn schmiegt sich an sie und besser kann der Moment eigentlich nicht werden. Mein Fotohirn spielt fast schon verrückt. Zurückhaltend zücke ich nicht gleich meine dicke Kamera, sondern erfreue mich einfach weiter der netten Unterhaltung.

Rosa erzählt mir vom Dorfplatz und der schönen Kirche, von den Festen im Sommer und den tollen Wanderwegen in die Berge. Ich bin begeistert davon, will andererseits aber unbedingt dieses Foto haben. Nach dem Motto „besser entschuldigen als bedauern“ wäre es sicherlich das Beste einfach die Kamera heraus zu holen und drauf los zu knipsen. Schüchtern wie ich bin, fällt mir genau das aber nicht immer leicht. Es ist eine Frage von Respekt und Höfflichkeit. Etwas später frage ich Rosa also ob ich denn ein Foto machen könnte. „Klar“, meint sie, und schwups setzt sie ihren Hut anders auf und ihr Sohn huscht zur Seite. Die Idee, das tolle Motiv, ist Geschichte. Der Sohn hält sich die Hand vor sein Gesicht und ein tiefer Schatten fällt der Frau ins Gesicht. Meine dritte Gehirnseite, die mit dem Fototick, flucht mich an: „Frag doch nicht immer lange!“

„Ja – sorry“, denke ich mir. Dennoch nehme ich ein paar Fotos auf. Es scheint wirklich nichts zu klappen. Die Augen sind zu, der Sohn blickt öfters im Spiel durch seine Hände hindurch, aber ich treffe den Moment nicht. Das Porträt wird von dunklen Schatten beeinträchtigt, der Aufhellblitz löst auch nicht richtig aus… Autsch! War wohl nichts. Irgendwann wird mir die Situation dann auch noch etwas peinlich und ich stecke die Kamera wieder weg. Ich bedanke mich bei den Beiden und wir unterhalten uns weiter über Land und Leute.

 

Rosa
Porträt von Rosa – der netten Frau aus Peru

 

Wenn der richtig Moment einmal verflogen ist kann man einfach nichts mehr machen. Er ist vergangen und kommt nicht wieder zurück. Solche Erlebnisse mache ich des öfteren. Nicht immer bekommt man das (als Fotograf), was man sich vorstellt. Aber es ist egal – meine Reise, meine Fotografie strebt nicht nach Perfektion. Den Moment, das kurze Gespräch hat mein Leben bereichert und glücklich ziehe ich von dannen. Die Erinnerung – die bleibt. Vielleicht auch genau deswegen finde ich die wenigen Bilder von Rosa und ihrem Sohn ziemlich schön.

 

Meiner Meinung vergessen viele Reisende und Fotografen oft was wirklich wichtig ist. Es ist nicht das Foto was einen Wert hat -> es sind die Begegnungen die das Herz bereichern. Nur mal so ein Gedanke…
@Martin Leonhardt


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