Es ist ein ganz normaler Prozess. Ein jedes Land ist anders und braucht seine Zeit, um es richtig kennenzulernen. Nach dem langen Aufenthalt in Brasilien finde ich es schon ziemlich erfrischend einmal wieder eine andere südamerikanische Luft schnappen zu können. Bevor es morgen auf eine 6-tägige Wanderung zum Roraima-Tepui geht, wollte ich euch noch ein paar Zeilen und erste Eindrücke niederschreiben.
Ich bin nun knapp zwei Wochen in Venezuela und muss sagen, dass mir selten ein Land auf Anhieb soviel Freude bereitet hat wie dieses. Hier im Süden des Landes ist es ziemlich entspannt. Bis jetzt bin ich nur auf freundliche Menschen gestoßen und es macht einfach Spaß sich unter das Volk zu mischen oder die Natur zu erkunden. Eines habe ich in der kurzen Zeit schon gelernt: Venezuela hat so ein paar Eigenarten zu bieten, welche man am besten mit einem kleinem Schmunzeln hinnimmt. Das Land hat seine Probleme, worauf mich insbesondere immer jene Menschen hinweisen, welche noch nie einen Fuß in das Land gesetzt haben. Gut – nun bin ich erst für kurze Zeit hier und habe sicherlich noch nicht alles gesehen. Hier um Santa Elena scheint die Welt aber wohl noch ganz venezolanisch in Ordnung.
Für einige Tage hatte ich die Umgebung der Grenze zu Brasilien erkundet. Einfache Schotterpisten führen durch die äußerst hügelige Landschaften. Es ist ein wahrer Augenschmaus! Immer wieder kommt man an kleinen Dörfern von Eingeborenen vorbei. Die Dörfer haben meist ziemlich indianisch klingende Namen und sind auch in verschiedene Zonen aufgeteilt. Das System habe ich nicht wirklich verstanden. So oder so haben die Menschen offensichtlich von ihrer Ursprünglichkeit schon so ziemlich alles verloren. Sie tragen moderne Kleidung, haben Fernseher, Mobiltelefone, Motorräder, Autos, einfache Häuser und alles was man sich sonst so von der „zivilisierten“ Welt wünscht. Ich treffe die Menschen beim Fußballspielen, in kleinen Restaurants oder einfach auf den Wegen. Nett sind sie alle – man muss aber schon den ersten Schritt machen. Ansonsten bleibt man einfach der Fremde und erntet außer ein paar fragenden Blicken keinerlei Aufmerksamkeit. Das finde ich zum Reisen eigentlich ziemlich entspannt. Bis jetzt wurde ich noch kein einziges Mal aufdringlich angesprochen, eine Sache die z.B. in Brasilien zum Alltag gehört.
So erkundete ich die Gegend und unternahm auch einige kleine Wanderungen zu verschiedenen Wasserfällen, Hügeln und durchstreifte die nahegelegenen, dichten Wälder. Am beeindruckensten war ein Fußmarsch zur natürlichen Grenze zwischen Venezuela und Brasilien. Der Blick von den steilen Felswänden, hinunter auf den vielleicht 300 Meter tiefer liegenden Amazonaswald, war schlichtweg einzigartig. Ich war früh aufgebrochen und konnte die Sonne bei ihrem Spiel mit den Wolken über dem Wald beobachten. Überhaupt sind die Tag- und Nachtwechsel hier immer besonders schön. Zur Nacht strahlt die Milchstraße so hell sie nur kann.
Zurück zu den täglichen Freuden und kleinem Schmunzeln. Gerade komme ich von der Stadt zurück. Für meine Tour wollte ich mir eine Zahnbürste kaufen. Zahnbürsten gibt es momentan aber scheinbar in ganz Santa Elena nicht mehr. Zumindest für Erwachsene nicht. Im fünften Laden hatte es aber zumindest welche für Kinder. „Haben sie diese auch in blau?“, frage ich die Frau hinterm Tressen der Apotheke. „Ich bin doch ein Junge“, füge ich mit einem Lächeln hinzu. Darauf lacht sie mich an und kramt zwischen all den rosa, gelb, pinken Minizahnbürsten tatsächlich eine in blau hervor. Der Griff hat die Form von einem Frosch – alternativ hätte es Prinzessinnen gegeben. Gut – dann doch lieber Kermit in blau. Man ist eben zufrieden mit dem was man bekommt. Ihr seht schon wie ich mich der venezolanischen Denkweise schnell anpasse.
Apropo Zähne – wie es der Zufall will, hatte ich kurz nach meine Ankunft eine Zahnfüllung verloren. Dieses kleine Ärgernis hat mir später einen kleinen Eindruck vom medizinischen System in Venezuela gegeben. Nach einigen Recherchen und Befragungen habe ich den besten Zahnarzt der Stadt aufgesucht. Sein Spitzname – „Der Klempner“. Das klingt natürlich äußerst vertrauenswürdig und hatte mich ohne zu zögern dazu bewegt, dem Arzt meine geliebten Beisserchen behandeln zu lassen. Kleiner Scherz am Rande. Aber Klempner war wirklich sein Spitzname. Der Mann hat gute Arbeit geleistet, wenngleich sein Behandlungsraum schon etwas, sagen wir – simpler -daherkommt. Aber dafür gab es gutes Material. Am Ende hatte ich 7000 Bolivares für die kurze Behandlung bezahlt – das entspricht knapp 8 Euro…. Dafür mach in Deutschland die Arzthelferin nicht einmal die Türe auf.
Das Land ist wirklich unglaublich günstig. Momentan komme ich mit einem Tagesbudget von 5 – 10 Euro über die Runden. Das Benzin ist einfach nur hinterhergeschmissen. Meine letzte Tankfüllung hatte 1,74 Bolivar für 20 Liter gekostet. Das entspricht nach dem momentanen Schwarzmarktwechselkurs so ungefähr 0,0025 Dollar. Beim ersten Mal hat der Tankwart nicht einmal mein Geld gewollt. Aufgrund dieser niedrigen Spritpreise findet man in den Straßen auch viele alte „Amischlitten“ mit dicken, brummenden Motoren. Es spielt einfach keine Rolle! Auch die wenigen neuen Autos die man so auf der Straße findet, sind meistens große benzinhungrige Geländewagen. Diese sind dann wohl den Einwohnern vorenthalten, die wissen wie man mit dem Geld in diesem Land umzugehen hat. Die Preise für importierte Waren, sollte es jene überhaupt geben, sind um ein vielfältiges höher als in anderen Ländern. Das tauschen auf der Straße mit z.B. Dollar oder Euro in den Venezolanische Bolivar ist gang und gebe. Auch wenn es eigentlich „illegal“ ist kommt hier niemand auf die Idee zum offiziellen Kurs zu tauschen. Dieser liegt bei 1:6.8 (sicher weiß ich das grad nicht). Am Schwarzmarkt stehen wir momentan bei knapp 1:700. Die größte Banknote ist der Hunderter. D.h. für einen schönen 100 Dollar schein, gibt es dann gleich ein Kilo Geldscheine für die hoffentlich große Geldbörse.
Um – nun fällt mir auch schon gar nichts mehr weiter ein. Aber es soll hier ja auch nur ein kurzes Kennenlernen sein.
Bis bald! Und dann kann ich euch sicherlich ein paar spektakuläre Landschaftsaufnahmen vom Roraima präsentieren. Es ist nun 21:00 Uhr. Deutsche Zeit 02:30. Was die halbe Stunde extra Zeitverschiebung soll verstehen auch nur die Venezolaner.
Tschau – oder Adios! ;-)
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