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Kuba – Verkauf dich nicht!

USA-Kuba

„Willst du ein Land verstehen, so musst du die Menschen verstehen!“ Das sind Worte eines Freundes den ich auf Freiheitenwelt schon öfters zitiert habe. Für wohl kein anderes, von mir bereistes Land, gilt das mehr als für Kuba. Kuba intensiv erleben und verstehen zu können benötigt viel Zeit und Reiseerfahrung. Die spanische Sprache zu sprechen ist hierfür schon einmal ein wichtiger Schlüssel. Mein Reisestil ermöglicht es mir immer wieder Regionen zu besuchen, die sich anderen Besuchern des Landes selbst mit dem besten Touristenführer niemals erschließen. Der Pauschaltourismus boomt spätestens mit den in jüngster Zeit eintreffenden Kreuzfahrtschiffen und erreicht jedes Jahr neue Rekordzahlen. Die meisten Besucher werden das wahre Kuba allerdings niemals kennenlernen. Ob die größtenteils sonnenhungrigen Touristen das überhaupt wollen sei ohnehin einmal dahingestellt. Kuba verbirgt sich hinter einer Maske, die man nur langsam erkennt und vorsichtig hinterfragen kann.

Somit sitze ich nach nunmehr sechs Wochen im Land vor einem kleinen Haus mitten in der Pampa. Mein Freund Monzi, 100% Kubaner, hatte mich eingeladen und mittlerweile nächtige ich schon seit einigen Tagen unter seinen Schatten spendenden Bäumen der Farm. Er bewirtschaftet eine doch sehr beachtliche Fläche. Kühe, Schafe, ein Schwein und wenige Hühner ernähren seine dreiköpfige Familie. Nebenbei arbeite er noch auf den Feldern und kann so einiges an Obst und Gemüse selber produzieren. Zusammen mit seinem 12-jahrigen Sohn gehe ich morgens immer angeln, um etwas Fisch auf die Teller zu zaubern. Das wiederum übernimmt Leticia, die Herrin des Hauses, dann am Ende bis zur Perfektion. Die Familie bekommt oft Besuch und manchmal sitzt die ganze Hütte voll. Es wird gearbeitet, Kaffee getrunken, viel gegessen, geraucht und natürlich über die großen und kleinen Ereignisse des Tages gequatscht. Als Gast fühle ich mich sehr willkommen. Wir reden über alles mögliche und nebenbei bekomme ich einen tiefen Einblick in das Leben einer „normalen“ Familie Kubas.

Mir ist es nun schon des öfteren gelungen einen engen Kontakt zu den Menschen aufzubauen. Der Besuch bei Monzi ist genial, bei anderen Familien war ich meist nur für kurze Zeit. Jene intensiven Erfahrungen spielen zusammen mit dem was ich während meiner Reise sonst noch so alles im Land aufnehme. Ich treffe keineswegs nur auf Freundlichkeit und Schönheit im Land. Menschen wie Monzi Leben meist noch nach Idealen, Werten welche ihnen in Zeiten nach der kubanischen Revolution mitgegeben wurden. Fidel und Che, die großen Helden des Landes, waren nie müde geworden ihre Vorstellungen von einem sozialen und gesunden Staat, von einem glücklichen und zufriedenen Volk, zu verbreiten. Somit existiert in vielen Herzen noch ein sozialistischer Grundgedanke, welcher wohl auch Jahre nach dem Ableben der Helden nicht verblassen wird. „Fidel estaba – Fidel y Che muy bueno!“, Worte von Monzi über die beiden. Schlicht und einfach. Daran gibt es auch nichts zu diskutieren mit ihm.

 

Monzi Porträt
Porträt von Monzi
Monzi und Familie
Gruppenbild mit Monzi und seiner Familie in Kuba

 

Das moderne Kuba steht vor großen Herausforderungen. Viele Kubaner wünschen sich den Fortschritt und andere trauern schon dem alten Kuba hinterher. Kuba bietet für seine Einwohner einige Grundstrukturen die ich so aus keinem anderen Land kenne. So sind zum Beispiel einige wichtige Lebensmittel gar umsonst und werden in monatlichen Rationen an die Familien abgegeben. Dafür gibt es kleine Bücher. Die Libretas. Auch soll es scheinbar viele Wohnungen und Häuser umsonst geben. Das hängt wohl dann davon ab inwieweit Mann oder Frau dem Staat dienlich ist. Die Zeiten das der Staat auch Automobile an treue „Diener“ ausgibt sind allerdings schon lange vorbei. War es vor Jahren noch unmöglich das Land als Tourist frei zu bereisen sind mittlerweile viele Restriktionen verschwunden. Denn womit Kuba dabei am Ende profitiert ist schlichtweg das liebe Geld. Ein Großteil der einfliegenden Devisen geht direkt in die Staatskassen. Kuba benötigt Kapital und spätestens seit dem Zusammenfall der UdSSR ging es mit finanzieller und materieller Unterstützung für den Inselstaat ziemlich bergab. Dazu kommt noch das Handelsempargo der USA und vieler anderer Staaten.

Der Kubaner selber hat also im Alltag zwei Resourcen die er so gut als möglich abschöpfen kann. Den lieben Staat oder die willkommenen Touristen. Den Staat zu schröpfen das haben die Kubaner im Blut und es wird auch kein Hehl daraus gemacht. Es ist ein großes geben und nehmen und am Ende verteilt sich das ganze Gut schon irgendwie gleichmäßig unter der Bevölkerung. Was die Touristen angeht so sieht es hier ganz anders aus. Menschen die Zugang zu Touristen und somit zu der weitaus wertvolleren Währung CUC haben stehen im Allgemeinen wesentlich besser dar. Das kann nun ein Casa Particular Besitzer, ein Taxifahrer, ein Touristenführer, ein (nerviger) Schlepper, ein Musiker, ein Künstler, eine(r) Prostituierte(r) oder sonst dergleichen sein. Gefeiert wird jeder der ordentliches Geld in die Familie bringt. Wie genau spielt dabei am Ende weniger eine Rolle. Auch habe ich gelernt, dass einige Familien aus dem Ausland unterstützt werden, falls es ein Angehöriger irgendwie geschaft hat in einem andern Land Fuß zu fassen. Das Ganze wirkt sich natürlich sehr auf die Familienstrukturen aus.

 

Punks not dead
Punks not dead in Havanna

 

Zurück zu Monzi. Er und seine Familie haben keine von oben genannten Möglichkeiten und kämpfen sich täglich auf das neue durch den Tag. Manche Kubaner die die Kohle reichlich haben zeigen dies auch durch Goldkettchen, teure Motorräder, Autos und sonstigen Schnickschnacks, welche ein modernes Leben mit sich bringt. Ganz oben auf der „need to have“ Liste stehen Smartphones und Computer. Die soziale Gleichheit geht bei dem geteilten System dabei ziemlich unter. Und genau an diesem Punkt beginnen für mich die Probleme oder die Herausforderungen vor welchen Kuba im Moment steht. Die soziale Distanz und eine Gesellschaft die sich mancherorts am Materiellen klassifiziert und misst. Nun ist ja eigentlich nichts daran auszusetzen, wenn man als emsiger Geschäftsmann für seine Mühe belohnt wird. Leider scheinen allerdings viele Kubaner langsam ihre Wurzeln und das Schöne darin zu vergessen. Mehr als einmal konnte ich herzliche Menschen kennenlernen, welche mir gegenüber äußerst freundlich waren. Das waren meistens genau jene einfachen Menschen wie Monzi. Jene Menschen leben für mich noch den waren Geist von Kuba. Durch Profit und Habgier gesteuerte Kubaner allerdings sehen am Ende einfach nur das Geld und verkaufen dafür fast schon ihre Würde und scheinen jene wichtigen Ideale, welche das Land über Jahrzehnte geprägt hat zu vergessen. „Un CUC my friend“, so oder ähnlich höre ich das mindestens 20 mal täglich in Havanna und zwar nicht von Bedürftigen sondern vom Schlag Kubaner die gerne zeigen was sie haben.

 

Straße in Havanna Vieja
Straße in Havanna Vieja

Als Fremder im Land macht es dies schon sehr schwer sich eine allgemeine Meinung über das Land zu bilden. Wahre Gastfreundschaft findet man als Tourist dort wo man es eigentlich nicht erwartet, dort wo Menschen noch in Ruhe und ohne den kommerziellen Wahnsinn Leben. Dort wo das liebe Geld den Fortschritt, Wohlstand und Reichtum verspricht ist man als Gast im Land am Ende einfach oft nur der Geldspender. So fühlt es sich zumindest an. Wieviel Geld, man wann und wo gibt ist ja zum Glück jedem selber überlassen.

Kuba ist spannend und hat viele schöne Seiten. Auch wenn ich weitaus öfters frech nach Geld gefragt werde, oder die Bedienung mich mal wieder um einen CUC bescheissen will, als das mir einfach nur ein nettes und ehrliches Hallo entgegen kommt, sind jegliche Kubaner sicherlich bei weitem in der Unterzahl. Sie tun eben was sie meinen tun zu müssen. Die nettesten Kubaner habe ich immer auf meine Initiative kennengelernt. Gerade in den ländlichen Gegenden sind viele Kubaner Touristen gegenüber sehr zurückhaltend und schüchtern. Ich weiß nicht wie es hier vor 20 oder mehr Jahren war. Ich sehe das Kuba dieser Zeit und wie sich der von vielen geliebte Wandel leider nicht nur positiv auswirkt. Im übrigen muss ich auch noch erwähnen, dass man durchaus mit Respekt behandelt wird, aber leider eben nicht überall…

 

Schwein in Havanna
Schwein in Havanna

 

Kuba ich wünsche dir das Beste und mögest du nicht allzusehr beim Streben nach Kapital und Wohlstand deine Mitmenschen vergessen. Denn „Todos somos Fidel“ und auch wenn der Revolutionär nicht überall auf der Welt gefeiert wird, hat er euch das KUBA zurück gegeben und euch wichtige soziale und menschliche Werte mitgegeben, die man in anderen Ländern auch manchmal zu vergessen scheint…
Martin


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