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Kleine Foto Tricks: Das Bild vom Steinbau

Laguna Ruta

Vor kurzem wurde der Horizons Unlimited Fotowettbewerb für den Kalender 2016 ausgeschrieben. Spontan hatte ich mich mit dem hier vorgestellten Bild vom Árbol de Piedra in Bolivien beworben. Das Voting ist schon seit einiger Zeit abgeschlossen und ich freue mich sehr, dass mein Bild 2016 mit dabei sein kann. Zu kaufen gibt es den Kalender auf HorizonsUnlimited -> hier!

In der Vergangenheit wurde ich schon öfters gefragt, wie genau ich dieses Foto eigentlich aufgenommen habe. Ich will hier also die Gelegenheit nutzen und euch die Vorgehensweise schildern. Für dieses Foto war doch einige Zeit an Vorbereitung nötig. Ein Schnappschuss ist wirklich etwas anderes. Es geht los!

 

Vorbereitung:

 

Das schwierigste an diesem Foto war das Timing. Während des Tages wimmelt es von hunderten Touristen um den Steinbaum. Unmöglich, auch schon wegen der Lichtbedingungen, ein gutes Foto von dem Felsen zu schießen. Ich hatte mir im Vorfeld die Gegend genau betrachtet und eine geeignete Position für die Kamera gesucht. Mein Motorrad sollte auch mit dabei sein, um neben dem Steinbaum noch ein anderes interessantes Objekt auf dem Bild zu haben. Nun gut – das liegt nun im Auge des Betrachters und nicht jeder mag Motorräder. Dafür bin ich dann auch noch gleich dabei, was die ganze Fotografie nicht unbedingt leichter macht. Drei Objekte im Bild wollen vernünftig arrangiert werden.

Aus genannten Gründen war es also unmöglich den Baum zur Tageszeit mit meinem Motorrad abzulichten. Nebenbei ist die Gegend um den Baum mit kleinen Felsen abgesperrt, damit die vielen 4×4 Touristen dem Gebilde nicht zu sehr auf die Pelle rücken. Fazit: Es wird ein Nachtfoto werden müssen. Ich hatte meine Reise ins Altiplano bewusst auf die Zeit einer Vollmondphase gelegt. Ich liebe es zur Nacht mit dem Licht des Mondes zu experimentieren. Ein Blick auf dem Mondkalender bringt Gewissheit. Mondaufgang um 3:20 Uhr. Es wird eine kurze Nacht werden.

 

Einleitend hatte ich vom schwierigen Timing gesprochen. Es bedarf schon einiges an Überwindung nachts um 3 Uhr aus dem Schlafsack zu kriechen. Die Temperatur war auf fast -20° gesunken und mein dicker Daunenschlafsack war doch deutlich überfordert. Ich hatte im Freien geschlafen und mehr vor mich hin gezittert als eine erholsame Ruhe zu finden. Hier mal ein Bild damit ihr von der Gegend einen Eindruck bekommt.

 

Arbol de Piedra
Arbol de Piedra – Schlafplatz

 

Aufnahme:

 

Seis drum – Punkt 3:30 bereitete ich meine Nikon D7100 vor. Als Objektiv kam das Sigma 10-20mm f/3.5 zum Einsatz. Für diese Aufnahme war zusätzlich ein Stativ nötig (klar). Erstens wegen der längeren Belichtungszeit und zweitens, da es ja ein Selbstschuss wird. Ich verwende das Feisol CT-3441SB Rapid mit dem Kugelkopf CB-40D. Das Motorrad hatte ich heimlich und leise an die gewünschte Position geschoben und einige Probeaufnahmen gemacht. Bei ISO 800 und einer Blende von f/3.5 erreiche ich eine Belichtungszeit von 20s. Wegen dem elektronischen Rauschen wollte ich den ISO Wert so gering wie möglich halten. Den Lichtverhältnissen entsprechend wäre ein ISO-Wert von 1600 wohl auch noch OK gewesen. So hieß es also dann einfach länger still halten.

Um Atmosphäre zu schaffen schaltete ich das Licht des Motorrades an, was den Baum zusätzlich von unten beleuchtete. Das Bremslicht war auch von Nöten. Das Problem bei den Probeaufnahmen war meine Wenigkeit. Viel zu dunkel war ich abgelichtet, das Gesicht kaum zu erkennen. Mehr künstliches Licht war von Nöten. Was tun mitten in der Wüste? Ich spielte zuerst mit einer Stirnlampe umher, was sich aber als nicht zweckmäßig herausstellte, da das Licht schlichtweg zu extrem war. Schlussendlich bediene ich mich meines GPS Gerätes. 20 Sekunden Belichtung waren aber auch hier zu viel des Guten. Nach noch mehr Experimenten fand ich eine optimale „Körpergesichtsbelichtungszeit“ von +- 3 Sekunden.

Gut – ich will nun einmal den Ablauf der Aufnahme schildern. Nebenbei sei angemerkt, dass mein Funkauslöser mal wieder schwache Batterien hatte und ich somit einige Male vom Motorrad auf– und absteigen musste. Auf 4000 Metern und bei der eisigen Kälte eine gute Übung um nicht zu Unterkühlen.

 

Ablauf:

 

  • Licht Motorrad an
  • Warten auf vorbeiziehende Wolken die das Mondlicht zu sehr dimmen
  • Selbstauslöser auf 20 Sekunden Vorlaufzeit
  • 9 Aufnahmen in Folge
  • Manueller Modus ISO 800, Belichtungszeit 20s, Blende f/3.5
  • Hände reiben vor Kälte
  • Auslöser betätigen
  • Zum Motorrad laufen und aufsteigen
  • GPS anschalten
  • Bremshebel betätigen
  • Warten auf den Auslöser
  • Zwanzig Sekunden atemlos Stillhalten und dabei noch Lächeln (-20° – das war der schwerste Part)
  • Nebenbei nach drei Sekunden ohne große Bewegung das GPS deaktivieren.
  • Bild kontrollieren und weiter Aufnahmen machen.

 

Insgesamt hatte ich am Ende knapp 30 Aufnahmen erstellt. Nur eine Handvoll war wirklich vorzeigewürdig. Was sich hier vielleicht einfach liest ist in Realität wirklich eine kleine Herausforderung. Am Ende konnte ich meine Finger nicht mehr spüren. Unglaublich wie anstrengend es sein kann im Altiplano den Atem 9-mal hintereinander für zwanzig Sekunden anzuhalten. Ihr könnt das ja mal Zuhause selber probieren. ;-) Nichts desto trotz war es den Aufwand wert. Ich bin ich doch ein klein wenig Stolz auf die Aufnahme und denke das es vergleichbare nur wenige gibt.

 

Nachbearbeitung:

 

 

Nachbearbeitung in Lightroom
Nachbearbeitung in Lightroom

 

Über die Nachbearbeitung bedarf es nur wenig zu schreiben. Weiter unten findet ihr wieder den beliebten Vorher-Nachher Vergleich. Ich hatte nur folgende einfache Schritte angewendet.

  • Objektivkorrektur aktiviert
  • Weißabgleich anpassen
  • Mehr Kontrast und Sättigung über die Grundeinstellungen.

 

Im Grunde war das Bild schon mit den Voreinstellungen der Kamera vorzeigewürdig. Das JPEG der Kamera hatte ich z.B. auch so schon direkt veröffentlicht. Ein gutes Beispiel dafür, dass bei guter Planung nur wenig Nachbearbeitung nötig ist und man sich viel Zeit sparen kann.

Nötig fand ich nur folgendes:

Da das Bild von unten links heller erschien als zum oberen Bildrand hatte ich den Verlaufsfilter dazu benutzt um die Helligkeit auf das ganze Bild gleichmäßig zu verteilen. Das ist ein gerne verwendeter Trick, um auch Lichter und Schatten in den Griff zu bekommen. Das hatte ich im Foto Trick 1 auch schon kurz erklärt.

Des weiteren hatte ich dem Baum auf der Schattenseite und dem Motorrad + Fahrer noch etwas mehr Tiefen entlockt. Auch die Klarheit wurde etwas nach oben geschraubt.

 

Verlaufsfilter Steinbaum
Verlaufsfilter Steinbaum
Klarheit Steinbaum
Klarheit Steinbaum

 

 

 

Viel Spaß beim Nachmachen!

 

Ich wünsche euch was!

 


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5 Kommentare on Kleine Foto Tricks: Das Bild vom Steinbau

  1. Vielen Dank für die geilen Praxistipps! Und ich denk schon immer ich wäre bescheuert wenn ich mal 30 Minuten für ein Bild brauch…
    Interessantes Hilfsmittel – GPS Beleuchtung – muss man auch erstmal draufkommen *g*

  2. Ich musste lachen bei dem Artikel. Das hätte auch ich sein können. Ich stehe auch Nachts um eins auf um die Sterne zu fotografieren. Eine Stunde die besten Einstellungen suchen, dann noch zwei Stunden fotografieren.

    In der Atacama Wüste habe ich super Fotos gemacht und mir den Ar…. abgefrohren. In Neuseeland hatte ich es etwas besser :-)

    Immerhin ist das Rauschen bei den Temperaturen geringer :-)

  3. Ich finde das Foto genial…. Ich finde das Motiv äusserst spannend, ich sehe da einen mutigen Motorradritter der sich einem riesigen Steinvogel Auge in Auge stellt :)

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