Oudtshoorn – ich mag diesen Ort. Die Stadt hat ihren eigenen Charme, welcher sich vielleicht nicht jedem auf den ersten Blick erschließt. Nicht zum ersten Mal besuche ich den Ort. Die Route 62 findet hier für mich ihr frühes Ende. Nach einer traumhaften Tagestour checke ich in einem bekannten Hostel, dem Packpackers Paradise, ein. Zeit um etwas die Seele baumeln zu lassen. Es sind einige andere Reisende unterwegs und schnell kommt man ins Gespräch. Abends sitzt es sich gemütlich am Lagerfeuer, gleich vor der gut geführten Bar, die ab spätestens 22 Uhr so richtig in Partystimmung kommt. Fühlt sich gut an, spontan entschließe ich mich dazu hier zwei Nächte zu bleiben.
Während die meisten anderen Gäste einen Ausflug zu den berühmten Cango Caves planen, bastle ich an einer kleinen Tagestour. Die Caves hatte ich schon vor sechs Jahren besucht. Toll und beeindruckend sind diese, aber noch einmal zieht es mich irgendwie nicht in die riesigen Tropfsteinhöhlen. Was mir die anderen Reisenden so erzählen, hat sich hier über die Jahre wohl nichts geändert. Immer noch werden Radtouren, Safaris und natürlich Besuche auf einer Straußenfarm, inklusiven Straußenritt, angeboten. Beim Thema Straußenritt denke ich an meine Reitkünste anno dazumal zurück. Na ja – da bleib ich diesmal besser beim Motorrad. Das hat keinen eigenen Kopf und bockt normalerweise nicht rum.
Es regnet! Mano – zum ersten mal seit beginn der Tour regnet es. Die Stimmung ist zum morgen also etwas getrübt und ich lasse es ruhig angehen. Zum Frühstück gibt es „Scrambled Eggs“. Eigentlich nichts Spektakuläres – will man denken. Hier in Oudtshoorn sind die Portionen allerdings enorm. Das liegt schlichtweg an den großen Eiern der Straussenvögel. Genau diese werden hier in der Gegend nämlich zu Tausenden auf den Farmen gehalten. Ein Ei reicht sicherlich um zwei bis drei Mägen zu füllen. Obendrein gibt es sogar noch eine „Eierflatrate“. „All You Can Eat“ – Austrich Eggs eben! Also wer hier zum Morgen nicht satt wird macht was falsch. Da ich es wegen dem Wetter nicht sonderlich eilige habe, lege ich also einen „Eierfrühstücksbrunch“ ein, nach dessen ich am liebsten gleich wieder ins Bett gefallen wäre. Keine Eier mehr für die nächsten Wochen hab ich mir geschworen.
Zum frühen Nachmittag klart es auf und ich gebe der 800er wieder die Sporen. Unweit der Stadt befinden sich die Swartberge. Auf zwei Rädern am besten zu erleben über den fast schon berüchtigten Swartberg Pass. „Immer hat es Nebel dort oben“, teilt mir der Hosteleigentümer noch mit. Er soll auch heute nicht unrecht haben. Die Auffahrt über die verwinkelte Schotterpiste ist von dichtem Nebel getrübt. Oben, nahe der Bergspitze, ist kaum mehr als fünf Meter Sicht. Solch eine Enttäuschung denk ich mir. Da hätte ich auch im Bett bleiben und meinen rumorenden „Eierbauch“ auskurieren können. Aber die Enttäuschung hält zum Glück nicht all zu lange an. Kaum auf der anderen Bergseite angekommen, klart es plötzlich auf und die Sicht auf die beeindruckenden Berge wird frei. Einfach klasse! So viel Spaß hatte ich selten auf einer Passstraße. Bester Schotter lädt zum fröhlichen Kurvendriften ein, was sich bergab mitunter etwas abenteuerlich gestaltet. Aber die Strecke ist frei und somit der Spielplatz für Martin auf dem Motorrad geöffnet. Ab und an nehme ich mir Zeit die Aussicht zu genießen und ein paar Bilder zu inszenieren. Eine tolle Zeit – herrlich!
Ich fahre weiter bis nach Prince Albert, einem kleinen verschlafenen Nest hinter den Bergen. Ein pinkfarbenes kleines Restaurant weckt mein Interesse und ich kehre auf eine kleine Mahlzeit ein. Das reichhaltige Futter stimmt meinen Magen wieder etwas friedlicher und bald geht es, frisch gestärkt, auch schon weiter. Diesmal Richtung Westen, über Meiringspoort und zurück nach Oudtshoorn. Auch der nächste Tag gestaltet sich ähnlich. Schlafen, Eierfrühstück, Regen, Berge, Nebel, Schotterpisten, Grillabend, Bar, Bier, Lagerfeuer, Strauße, usw… Oudtshoorn eben. Zeit für die Weiterreise.
Verdutzte Straußenblicke folgen mir als ich der N12 entlang nach George düse. Der Garden Route entgegen. Die bekannte Straße führt direkt der Küste Südafrikas und am Indischen Ozean entlang. Wilderness ist mein Ziel. Ein traumhafter, kilometerlanger Sandstrand erwartet mich. Auch hier kann man es gut aushalten. Also ab in die Badehose. Bei Temperaturen jenseits der 35° kommt die Abkühlung ziemlich gelegen. Definitiv die bessere Alternative zur Motorradsitzbank, auf welcher man gerade zur Mittagszeit langsam so richtig vor sich hin schmilzt. Auch hier an der Küste bleib ich zwei Nächte, erkunde die Strände von Knysna bis Plattenberg Bay. Die Menschen sind sehr nett, das Essen gut, bestes Wetter und das Meer machen den Kurzurlaub nun doch noch zum „Entspannungsurlaub“. Zum Abend such ich mir meistens einen schönen Ort, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Weiterhin spontan suche ich mir die schönsten Passstraßen des Südens, wie den Homtini Pass und Phantom Pass, heraus.
Sieben Tage sind nun vergangen und von der geplanten Route gerade mal ein Drittel geschafft. Aber meinen alten Studienort Bloemfontein zu besuchen will ich mir nicht nehmen lassen. Zwei lange Etappen liegen nun vor mir. Einmal von der Küste nach Bloemfontein – 750 Kilometer und zum zweiten von „Bloem“ zurück nach Kapstadt – 1200 Kilometer. Lange Strecken sind zwar gut für den Kosten-Nutzen-Faktor eines Leihfahrzeugs, aber weniger für mein Hinterteil. Aber der Weg ist ja mitunter das Ziel und so verabschiede ich mich vom Indischen Ozean und fahre, vorbei an mehreren traumhaften Bergketten, dem Free State entgegen.
Nur noch ein Stop sei erwähnt. Nieu-Bethesda. Wieder so ein verschlafenes Nest. Für südafrikanische Verhältnisse liegt der kleine Ort ziemlich verborgen inmitten der Sneeuberge. Nur über Gravel zu erreichen. Gravel von der besten Sorte. (Motorradfahrer sind schon ein komisches Volk, wenn die Qualität einer Reise an der Beschaffenheit des Strassenbelags definiert wird. Nur so am Rande. ;-)) Nun gut – das Städtchen hat sich seinen Charme vergangener kolonialer Zeiten erhalten. Inmitten eine kleine Kirche umringt von mehreren traditionellen Häusern. Viel Künstler haben sich hier nieder gelassen. Ich besuche noch das Owlhouse von Helen Martins. Ein Muss für jeden der hier vorbei kommt. Zeit ihres Lebens hat die Frau an Ihrem Haus gearbeitet. Dieses äußerst bunt und mit viel Augenmerk auf die Lichtverhältnisse gestaltet. Buntes Glas wohin man schaut. Aber das Highlight sind hunderte von mannsgroßen Skulpturen, welche den ganzen Innenhof einnehmen. Ziemlich beeindruckend! Fotografisch in der Morgensonne ein sehr spannender Ort.
Bloemfontein – sicherlich nicht auf der Route der meistens Südafrikareisenden. Für mich war es spannend die Stadt noch einmal zu sehen. Die Weltmeisterschaft 2010 hat ihr Erscheinungsbild doch etwas geprägt. Die Waterfront ist pompöser, das Fußballstadium größer und eine meterhohe Nelson Mandela Statue thront nun auf dem Berg des stadteigenen Nationalparks. Die Universität ist noch da, meine alte Wohnung und die vielen Menschen in der Innenstadt. Auf persönlicher Zeitreise erlebe ich die Stadt noch einmal von neuem und freue mich insbesondere alte Freunde und Bekannte zu treffen. Die letzten Tage der Reise folgt ein „Braai“ dem anderen und ich fühl mich fast schon wie damals wieder heimisch im südlichen Afrika. Super unter Freunden im fernen Ausland zu feiern.
Aber da war ja noch was, zurück nach Kapstadt und später Deutschland soll es gehen. Die Realität ruft. Die Reise neigt sich dem Ende. Der lange Ritt über die N1 ist nicht weiter erwähnenswert. Zwei Polizeistops, einen umgekippten LKW-Unfall, einen heftigen Regenguss und vier Tankstellenstops später passiere ich das Ortsschild von Kapstadt. Nach genau elf Tagen. Jede Reise hat ihr Ende.
Tschüss Südafrika – vielleicht wieder in sechs Jahren.
Hier wie immer noch ein paar Eindrücke der Reise.
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Das liest sich ja alles spannend und würde mich ja auch reizen, aber das würde ja ewiges sparen bedeuten und darin bin ich ja ganz schlecht.
Ich denke, Europa werde ich mit dem eigenen Fahrzeug wohl nicht (mehr) verlassen, aber da habe ich ja auch noch nicht alles erfahren.