Meine lieben Freunde von Freiheitenwelt. Wenn ich so auf meinen Blog blicke, stelle ich fest, dass der letzte Artikel schon mehr als einen Monat zurück liegt. Es ist also an der Zeit wieder was zu schreiben. Mittlerweile befinde ich mich im Nordosten von Brasilien. Bahia heißt der Bundesstaat, der größte des Landes. Die Ruhe der Brasilianer vor Ort ist wirklich ansteckend. Es wird im Allgemeinen in den Tag gelebt. Das Meer rausch vor sich hin, die Sonne geht täglich auf und unter. Dazwischen macht man so das Beste aus seinem Tag. Ein angenehmer Lebensstil, dem auch ich mich derweilen hingebe. Zeit mal etwas zurück zu blicken.
Nach mehr als 33000 Kilometern hatte Katze mal wieder eine Generalwartung nötig. Die Durchquerung des Chaco bescherte mir einen enormen Verschleiß. Es war also unumgänglich dem Motorrad was Gutes zu tun. Trotz mehrerer Wochen Vorlaufzeit hatte die Werkstatt in Asuncion nicht alle nötigen Ersatzteile auf Lager. Meine Geduld war also einmal mehr auf die Probe gestellt. Fast drei Wochen war ich in der Stadt gestrandet. Wer Paraguay kennt weiß, dass es dort nun nicht sonderlich viel zu erleben gibt. Besonders wenn man auf die Unabhängigkeit durch ein eigenes Fahrzeug verzichten muss. Sei es drum! Ich hatte also viel Zeit. So wie in der Heimat, waren auch hier die vergangenen Wochen doch sehr von der Fußballweltmeisterschaft bestimmt. Die ersten Spiele konnte ich in aller Ruhe vor dem Fernseher verfolgen. Und dies wohl mehr als jemals zuvor. Der Tagesrhythmus war also einfach: Frühstück, lesen, schreiben, 12 Uhr, Erstes Gruppenspiel, Zweites Gruppenspiel usw. Zum Nachmittag und Abend gab ich mich meist dem Stadtleben hin. Hier und da gab es nette Bekanntschaften zu machen und dank des Fußballs war die Wartezeit auf das Motorrad am Ende doch schneller vorüber als gedacht!
„Ich bin dann mal kurz Millionär!“, denk ich mir als die Rechnung für die Ersatzteile, neue Reifen, Kettensatz usw. vor mir liegt. 12 Millionen Guaranies halte ich in den Händen. Ein Bündel so dick wie eine Zigarettenschachtel. Fünf Tage lang bin ich zu verschiedenen Banken gerannt, um soviel Bares zusammen zu bringen. Wer will kann ja mal einen beliebigen Währungsrechner anklicken, um zu sehen wie viel das wirklich ist. Selber trau ich mich das schon gar nicht mehr. Der Anblick der vierstelligen Summe schmerzt zu sehr. Das meine geplante Route, via Paraguay nach Brasilien, teuer wird wusste ich ja schon vorher. Wenn einem die Realität einholt sieht aber dann doch alles ein klein wenig anders aus. Da Brasilien wegen der noch höheren Importzölle nicht billiger wird, packe ich mir auch noch einen kleinen „Survival Kit“ an den nötigsten Teilen mit ins Gepäck.
Als Katze wieder schnurrte, ging es also schnurstracks nach Brasilien. Mittlerweile hatte mich auch der WM-Virus befallen. Da die Spiele so greifbar nahe schienen, wollte ich nun auch endlich „Live“ etwas von der Atmosphäre verspüren. Nach einem kurzen Abstecher zu den Iquazu Wasserfällen folgte eine Marathonfahrt bis nach Rio de Janeiro. Die Stadt alleine ist ja schon eine Reise wert. Durch die WM war zu jener Zeit das Stadtbild ganz klar von den Farben grün und gelb geprägt. Besonders zu den Spielen der Nationalen Auswahl gehörte es für jeden waschechten Brasilianer zum Pflichtprogram ein Trikot in den Farben des Landes zu tragen. Und das – ohne Ausnahme! „Ordem e Progresso“ – „Ordnung und Fortschritt“. Ein ganzes Land im Sinne der Nationalflagge auf den Straßen.
Na mit dem Fortschritt war es bei der Brasilianischen Mannschaft am Ende dann doch nicht so weit her. Eigentlich wollte ich nun gar nicht zu sehr über die WM schreiben. Um das ganze abzukürzen – Vorsicht! (Angeber Modus an!) Ich war am Ende doch wirklich live dabei in den Stadien. Sowohl beim historischen 7:1 Halbfinalspiel, als auch beim Finalspiel und Sieg im legendären Maracana! (Angeber Modus aus!) So – das musste nun einfach sein! Im Vorfeld hatte ich einen Stadionbesuch eigentlich ausgeschlossen. Hauptsächlich wegen der enormen Schwarzmarktpreise. 3000 Dollar und mehr haben da schon mal gerne die Hand gewechselt. Dem illegalen Weg wollte ich mich ohnehin keinesfalls hingeben. So freute ich mich also wie ein Schneekönig als ich noch ganz legal, sozusagen zum Schnäppchenpreis, zwei Tickets abgreifen konnte. Den Erfolg der deutschen Mannschaft mit eigenen Augen miterleben, den sinnflutartigen Untergang von Brasilien – ja – Glück muss man haben. Ein unvergessliches Erlebnis! Gekrönt wurde das Ganze mit dem zufälligen Wiedersehen eines alten Schulfreundes aus Abiturzeiten. Ich würd mal sagen unser Treffen nach elf Jahren haben wir auch ganz würdig gefeiert. Man will sich ja nicht lumpen lassen.
Mein Motorradreiseleben war also zuletzt deutlich zurückgestellt. Für mehr als Fußball und Feiern war einfach kein Platz mehr. Ok – ab und an hab ich natürlich Rio de Janeiro erkundet. Eine wirklich traumhafte Großstadt. Allein der Stadtverkehr kann schon ein Abenteuer sein. Bevorzugt war ich mit U-Bahn und Bus unterwegs. Ein Ausflug nach Lapa, dem historischen Zentrum oder der Jesusstatue durfte natürlich nicht fehlen. Kaum war die WM vorbei übernahm von einem Tag auf den anderen wieder der brasilianische Alltag. Kaum gelbgrüne T-Shirts sind zu sehen, die Nationalflaggen wurden eingeholt. Ein Zeichen – Zeit endlich wieder den Motor anzuschmeißen.
Seit ein paar Tagen bin ich nun auf den Küstenstraßen gen Norden unterwegs. Es dauerte eine ganze Weile den stark urbanisierten Randgebieten von Rio de Janeiro zu entkommen. Mehr und mehr wird mir bewusst wie GROSS Brasilien wirklich ist. Täglich muss ich mehrere hundert Kilometer zurücklegen. Insgesamt hab ich seit Paraguay nun schon wieder 5000 Kilometer auf der Uhr. Die 40000 werde ich wohl ziemlich bald knacken. Mein Ziel – Bahia! Wie schon oben geschrieben geht es hier ziemlich ruhig zu. Die Gegend ist sehr sicher und es lässt sich entspannt Reisen. Endlich finden sich auch wieder einsame Straße, abenteuerliche Wege und einfach noch mehr natürliche Landschaft. Ein Problem gibt es allerdings schon – die Sprache. Mein Spanisch ist mittlerweile sehr gut geworden. Nun ist auf einmal alles anders. Portugiesisch soll ja „angeblich“ dem Spanischen sehr ähnlich sein. Mir hat sich die Ähnlichkeit noch nicht wirklich erschlossen. Ich vermisse den Kontakt mit den Menschen des Landes. Während im Süden auch viel Spanisch und Englisch gesprochen wird, ist hier einfach Funkstille. Kein Portugiesisch = Kein Gespräch. Da geht mir bei meiner Reise nun doch etwas ganz wichtiges verloren. Außerdem fällt es mir sehr schwer die Stimmung auf den Straßen zu lesen. Was denken die Menschen wohl über mich? Sind sie mir gut gesinnt? Neben den faulen Strandtagen wird also tägliche die Sprache gelernt. Ein Pflichtprogramm. Zum Profi werde ich es wohl nicht so schnell bringen – aber hoffentlich reicht es bald für das ein oder andere kurze Schwätzchen.
Tja so gehen die Tage dahin. Zur Nacht suche ich meistens einen einsamen Strand oder einen günstigen Campingplatz auf. Trotz des Winters ist es immer noch sehr warm hier. Es lässt sich leben! Ich bin gespannt was Brasilien noch zu bieten hat. Jetzt bin ich wieder voll dabei!
Bis bald!
Martin
Ein herzliches Hallo – lieber Martin – aus Bayern!
Jetzt muss ich mich doch auch mal wieder melden, damit auch Du was zu lesen hast.
Da wird man ja schon ein wenig neidisch, wenn Du schreibst, Du hast im Maracana Fußball live gesehen. Wir waren NUR beim Public-Viewing bei unserem Lieblingsgriechen……………
Deine Erzählungen verfolge ich immer und ich finde es schon eine starke Leistung, ganz allein nun schon fast 40.000 km gefahren zu sein. Es ist interessant, was Du alles erlebst – das ist meist schon sehr abenteuerlich.
Wir haben nun auch unsere Urlaubsplanung abgeschlossen – es geht in unserem Winter nach Myanmar. Wenn Du in unsere Homepage schaust, dann findest da halt z.B. die Flora und Fauna unserer Heimat und vielleicht magst ja dann auch wieder heim……
Ich wünsche Dir jedenfalls weiterhin viel Glück – tolle Erlebnisse – für uns weiterhin spannende Erzählungen – lass Dich von hier drücken – Rosi
Hallo Rosi,
vielen Dank für die Worte! So langsam lebe ich mich hier in Brasilien ein. Bahia ist wirklich wunderschön! Wünsch euch viel Spaß in Myamar – da werden noch viele Monate ins Land ziehen bis ich mal dort unten bin.
Tschau Martin
Hi Martin,
wir haben dich kurz an bei einer Pause auf der Fahrt von Belo nach Rio getroffen. Es hat ja noch mega geschüttet auf dem Rückweg.
Ist ja super dass du noch Karten bekommen hast und dann noch anscheinend auf dem legalen Weg!
Hoffe es geht dir und deinem Mopped gut. Viel Spass noch und viele interessante Begegnungen auf deiner Tour.
Viele Grüsse,
Jan