„Typisch Martin!“ – höre ich einen Freund sagen, als ich schon wieder Zuhause bin. „War ja klar, dass du dir wieder ein Motorrad holst“. Zufällig war ich in Südafrika unterwegs – auf „Geschäftsreise“. Natürlich muss da noch Zeit für einen kleinen Urlaub sein. An 14 Tage Sonne, Meer und Strand hatte ich eigentlich gedacht. Mal wieder so richtig Wärme tanken und die Seele baumeln lassen – entspannen! Tja – wäre da nicht dieser Motorradverleih eine Parallelstraße hinter dem Hotel gewesen.
Die 800er BMW GS lacht mich einfach zu sehr an. Täglich laufe ich an dem Laden vorbei und versuche mich dagegen zu wehren. Es ist doch schon alles geplant. Mit dem Auto die Küste entlang und dann weiter bis nach Bloemfontein, um ein paar alte Freunde zu besuchen. Fast 600€ kostet die Maschine mehr als ein Auto für die gleiche Mietzeit. „Viel zu teuer!“, „Nimm das Auto!“, versuche ich mir klar zu machen.
Zur Ablenkung erkunde ich erstmal die Innenstadt. Kapstadt ist wirklich traumhaft. Jeder der hier schon mal war, wird mir dies wohl bestätigen. Waterfront, Tafelberg und die vielen Märkte laden zum gemütlichen schlendern durch die Stadt geradezu ein. Es ist tolles Wetter, alles ist schick und glänzt. Die Stadt scheint zu laufen. Schicke Restaurants und Cafés locken mit kleinen oder großen Leckereien. Wohlstand wohin man schaut. Der erste Eindruck täuscht aber über die wirkliche Situation im Lande hinweg.
Ich bin nahe des Hauptbahnhofs der Stadt unterwegs. Generell zählen diese Ecken, der großen Städte Südafrikas, immer zu den ungemütlicheren Gegenden. Ein vielleicht 12 Jahre alter Jungen fischt sich gerade weggeworfene Pommes Frites aus einem Mülleimer. Der junge sieht wirklich ungesund aus, die Klamotten sind total verdreckt, zerfetzt und schmuddelig. Kurz erwidern sich unsere Blicke. Glänzende Augen blicken mich eindringlich an. Schützend hält er die Hände vor die erbeutete Nahrung, als wolle ich ihm etwas wegnehmen. Ohne Geld, für ein vernünftiges Mahl, und sicherlich auch ohne Dach über dem Kopf, kämpft sich das Kind durch den Alltag. Es ist einfach erschütternd. Mir wird schlagartig wieder klar, wie viele sehr arme Menschen es in Südafrika doch gibt. Vor knapp 6 Jahren konnte ich zu Studienzeiten schon für 10 Monate in dem Land leben. Solche Situationen sind mir nicht unbekannt.
Ich fühle mich schlecht! Quäle ich mich doch mit dem Luxusproblem herum ob ich nun 600€ mehr für ein Leihmotorrad ausgebe oder eben nicht. 600€, ein Betrag welcher sich der Junge wohl kaum vorstellen kann. Auf Reisen hab ich gelernt, mich in solchen Situationen als Beobachter und Gast in einem fremden Land zu sehen. Trotzdem geht mir das Bild bis zum Ende meiner Reise nicht mehr aus dem Kopf. Da ist man auch gleich wieder dankbar für all die Sachen die man eigentlich im Leben, in Deutschland, als selbstverständlich hinnimmt.
Wieder beim BMW-Händler löst jeglicher vernünftige Gedanken, bezüglich des vielen Geldes, in meinem Kopf keine Reaktion hervor. Am Ende des Tages schiebt der Vermieter meine Kreditkarte durch das Lesegerät, grinst mich freudig an und schiebt die BMW frisch poliert vor die Geschäftstüre. Ich grinse zurück, die Entscheidung ist gefallen. 10 Tage mit dem Motorrad durch Südafrika. Ein kleiner Traum! Endlich frei und wieder auf Reisen.
Die Reise geht los. Traumhaftes Wetter ist für die nächsten Tage garantiert. Vom Fuße des Tafelberges hat man einen Traumhaften überblick auf die Millionenstadt. Klasse! Nach einem kurzen Abstecher um die Berge der Stadt, fahre ich Richtung Süden. Auf zum Kap der guten Hoffnung! Das liegt ja sozusagen gleich um die Ecke.
Vorbei an der Hout Bay folgt der fast schon berühmte Chapman’s Peak Drive, eine 9 Kilometer lange Küstenstraße. 114 Kurven schlängeln sich zwischen Meer und steilen Felswenden hindurch. Ein wahrer Motorradtraum. Aber auch gefährlich. Die Straße wurde regelrecht aus dem Fels gemeißelt. Enge und unübersichtliche Kurven verlangen dem Fahrer erhöhte Aufmerksamkeit ab. Vorbei an dem 160 Meter hohen Aussichtspunkt, dem eigentlichen Chapman’s Peak, geht es schnell weiter Richtung Süden. Auf dem Weg zum Table Mountain National Park passiert man einige kleinere Ortschaften, wie Noordhoek und Kommetjie. Nur kurz mach ich halt für eine Erfrischung.
Im Park angekommen lasse ich es mir natürlich nicht nehmen direkt zum Kap der Guten Hoffnung und dem Cape Point Leuchtturm zu fahren. Es ist Zeit für eine kurze Wanderung. Vom Meer ziehen die Winde gnadenlos die steilen Felswände hinauf. Dennoch ist der Weg sehr entspannend. Knapp 5 Kilometer lege ich am Abend noch zurück, nehme mir Zeit die schöne Landschaft ums Kap zu genießen. Der Park ist wenig besucht und somit bin ich meistens alleine unterwegs. Ich bin begeistert von den blauen Vögeln, wohl Kap-Dohlen genannt, welche Ihre Brutneste zu tausenden in die steilen Wände bauen. Das obligatorische Bild vor dem Schild mit dem Verweis auf das Kap der guten Hoffnung darf natürlich auch nicht fehlen.
Für die Nacht checke ich in ein billiges Hostel in Simon’s Town ein. Die Stadt, ein eher verschlafenes Nest, ist bekannt für seine Kolonie von Afrikanischen Pinguinen. Gleich zum Morgengrauen nehme ich mir die Zeit und laufe zur Boulders Beach. Hier leben die Pinguine geschützt innerhalb eines kleinen Naturschutzparks. Wegen der frühen Stunden ist der Park allerdings noch geschlossen. Zum Zeitvertreib laufe ich einfach weiter den felsigen Strand entlang. Völlig unerwartet treffe ich auch außerhalb des Parks auf viele Pinguine. In aller Ruhe kann ich die kleinen Tiere beim Putzen, Spielen und Schwimmen beobachten. Was für drollige Tiere. Was soll man sagen, Pinguine sind einfach Sympatieträger. Wer soll es Ihnen auch verübeln. Keine fünf Meter von mir gehen die Tiere ihrem alltäglichen Treiben nach. Schauen nur etwas verdutzt wenn die Kamera, für sie wohl komische, Klickgeräusche von sich gibt. Da schnattert der ein oder andere Pinguin schon mal etwas lauter und schlägt mit den „Flügeln“.
Weiter geht es entlang der Küste. Gleich nach dem Küstendorf Fish Hoek sind knapp zwei Dutzend Fischer damit beschäftigt ein riesiges Netz aus dem Meer zu ziehen. Es ist Angelzeit. Wie ich von Einheimischen erfahre arbeiten die Männer zusammen, um sich danach die Beute zu teilen und auch gleich an den Mann zu bringen. Mehrere Kunden stehen schon bereit und warten auf den frischen Fisch. Solch eine Tätigkeit sorgt natürlich für Aufsehen. Um die Fischer scharen sich bald mehr Menschen mit Foto- und Filmkameras, als potentielle Kunden zum Kauf der Fische.
Ich komme mit Basial, einem älteren Fischer, ins Gespräch. „Das ist hier immer so, kaum holen wir das Netz ein, kommen hier scharenweise Touristen vorbei, ist nicht schlimm, aber leider verdienen wir daran nicht“. „Na dann verkauft doch Bilder und keinen Fisch“, gebe ich ihm zu verstehen. „Davon hat hier doch keiner eine Ahnung“, gibt er kurz zurück. Wir plaudern noch etwas weiter. Leider hatten die Fischer keinen guten Tag. Keine 50 Fische sind in das Netz gegangen. Sichtlich enttäuscht verlassen sie den Strand, mit der Hoffnung auf ein volles Netz, und etwas mehr Geld in der Tasche, am nächsten Tag.
Hier noch ein paar mehr Bilder von der ersten Etappe der Reise. Die Strecke führt mich weiter entlang der Garden Route bis in die Berge um Oudtshoorn. Südafrika ist wirkliche in traumhaftes Land und geradezu perfekt für Motorradreisen und Outdooraktivitäten. Aber dazu mehr im nächsten Artikel…
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[…] mir und fahre weiter die Küste Südafrikas entlang. Nach dem netten Zusammentreffen mit den Fischern von Fish Hoek muss ich immer wieder an diese zurück denken. Hoffentlich haben sie beim nächsten Mal mehr Glück […]