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Besteigung des Iztaccíhuatl – Ein Hallo mit Mäusen auf 4720 Meter

Besteigung Itza

Besteigung Itza

Vor zwei Wochen hatte ich euch sehr ausführlich von meiner Besteigung des Pico de Orizaba, dem höchsten Vulkan in Mexiko, berichtet. Keine drei Tage nach jenem durchaus anstrengenden Assent hatte ich mich direkt auf die nächste Höhentour begeben. Ziel waren die Zwillingsvulkane am Rand des Hochlands von Mexiko City. Die Rede ist vom Popocatépetl mit 5462 m neben dem sich der mit 5286 m etwas kleinere Iztaccíhuatl gesellt. Die Gegend um die Vulkane ist äußerst geschichtsträchtig und so konnte ich bei der Anfahrt mehrere kleine Dörfer und bunte Städte besuchen. Auch gibt es sehr eindrucksvolle Klöster und Kirchen aus dem 16ten Jahrhundert zu entdecken. Aus irgend einem Grund waren die Kirchen von außen auch sehr bunt geschmückt, was ich durchaus sehr beeindruckend fand. Solche kleinen Schätze nimmt man entlang des Weges natürlich immer gerne mit.

Um es vorweg zu nehmen muss ich sagen, dass ich während meines ganzen Besuches der Region weder die „weiße Frau“ noch deren „feuerspeienden Geliebten“ zu Gesicht bekommen hatte. Beide Gipfel waren unter dicken Wolken verschleiert und auch hatte es mehr als einmal sehr starke Niederschläge gegeben. Eine Traumaussicht wie beim Orizaba war mir leider verwehrt. Nichtsdestotrotz war es eine wirklich spannende Besteigung, die mich fernab der Zivilisation und in eine Gegend absoluter Ruhe brachte. Da der „Popo“ ohnehin wegen starker Aktivität gesperrt ist, viel die Wahl den „Itza“ zu besteigen ziemlich schnell. Unten im Post findet ihr auch wieder einen kurzen Video-Log mit weiteren Eindrücken.

 

Neben dem offensichtlichen Schätzen der Gegend gibt es auch eine schöne Legende um die beiden Vulkane, welche mir von den Einheimischen der Gegend mehr als einmal erzählt wurde. Dabei handelt es sich – wie soll es auch anders sein – um eine Liebesgeschichte aus Zeiten die wir uns nicht einmal vorstellen können. Ich will hier einmal den (gekürzten) Text zitieren. Die lange Version könnt ihr hier bei Wikipedia nachlesen.

 

In der Mythologie der Azteken war Iztaccíhuatl eine Prinzessin, die sich in einen der Krieger ihres Vaters verliebte. Ihr Vater sandte den Krieger in einen Kriegszug in Oaxaca. Der Vater versprach dem Krieger seine Tochter, wenn er zurückkehren würde (was der Vater aber nicht glaubte). Der Tochter wurde erzählt, ihr Geliebter sei tot, woraufhin sie vor Kummer starb.

Als der Krieger aber zurückkehrte, starb er wiederum, aus Kummer darüber, sie verloren zu haben. Die Götter bedeckten die beiden mit Schnee und verwandelten sie in Berge. Der schneebedeckte Berg Iztaccíhuatl wird deshalb auch „weiße Frau“ genannt, da er einer auf dem Rücken liegenden Frau ähnelt. Der Krieger wurde zum Vulkan Popocatépetl, der aus Zorn über den Verlust der Geliebten Feuer speit. (wikipedia)

 

Vor der eigentlichen Besteigung wurde mir aber von den Parkwächtern ein schwerer Broken in den Weg gelegt. Die Anfahrt bis zum ersten Basecamp ist im Nationalpark für Motorräder nämlich verboten. Ich gehe davon aus, dass jener Umstand einigen wilden Motocross- oder Quadfahrern zu verdanken ist. Das hatte ich so nun schon mehrere Male auch in anderen Parks gesehen. Für mich hieß das im Klartext 7 Extrakilometer (einfach) zu Fuß mit dem schweren Rucksack. Da es weder Wasser noch sonstige Versorgung auf dem Berg gibt musste ich dementsprechend wesentlich mehr Kilos mit mir schleppen als ich zuerst eingeplant hatte. Dazu kam noch, dass der Tag schon weit fortgeschritten war und nur noch wenig Zeit für den Aufstieg zum zweiten Camp, dass war nämlich mein eigentliches Ziel, einer Hütte auf 4700 Meter, hatte. Glück im Unglück hatten mir die Wärter aber wenigstens einen sehr sicheren Stellplatz für Katze eingeräumt, wo ich mich organisieren konnte.

Gegen 16 Uhr kam ich dann endlich los, was für einen Anstieg zum zweiten Camp eigentlich schon zu spät ist. Glücklicherweise konnte ich die Hälfte der Extrakilometer auf der Rampe eines Pick-Ups zurücklegen. Auch waren die ersten Höhenmeter sehr einfach zu begehen. Das Ganze kam mir vor wie eine feierabendliche Wanderung. Neben mir war auch noch ein anderer Deutscher mit am Berg. Der deutsche Schäferhund zweier netter, mexikanischer Kletterer. Das sieht man doch sehr selten in solchen Höhen. Die beiden kamen vom zweiten Camp und meinten das Wetter sei sehr gut, um es in zwei Stunden bis dorthin zu schaffen. Solche Worte wollte ich hören und mein Alternativplan im Biwak zu schlafen war damit Geschichte.

Hund am Berg
Gruppe mit Hund beim Itza

 

Im Gegensatz zum Orizaba gestaltete sich der Anstieg diesbezüglich etwas schwieriger, da hierfür bis zum höchsten Gipfel insgesamt vier Querungen passiert werden müssen. Somit geht man am Ende wesentlich mehr Höhenmeter als bei einem stetigen Anstieg, was sich natürlich auch auf die Kondition auswirkt. Ich konnte während der ganzen Besteigung nur drei der markanten Punkte begehen. Mehr dazu aber später im Text. Nach den Bildern hier oben war es ziemlich schnell Schluss mit der guten Sicht und spätestens ab 4500 Höhenmetern war ich im ständigen Nebel und bei böigen Winden unterwegs. Der Weg war aber sehr klar definiert. Einige Stellen forderten Handarbeit und durch den Nebel waren auch einige matschige Passagen zu begehen. Unterm Strich würde ich den Anstieg bis zum Basecamp auf 4700 Höhenmetern als mittelschwer einstufen. Dort war ich nämlich kurz vor Sonnenuntergang dann endlich angekommen. Keine fünf Minuten danach setzte ein starker Regen mit Graupel ein und ich war sehr froh noch trocken in der kleinen Hütte meinen Schlafsack ausbreiten zu können.

Im Video bekommt ihr ja einen sehr guten Eindruck von der Hütte. Nach einer ordentlichen Vesper und einer Tasse Glühwein (hatte ich dort oben im Tetrapack gefunden) hatte ich mich dann auch schon in meinen Daunenschlafsack gepackt. Trommelnd viel der Graupel aufs Dach und prasselte von den Fenstern ab. Der starke Wind sorgte dafür, dass wirklich jede Ritze der Hütte anfing zu pfeifen. Aber wasserdicht war die Bude und was will man auf solchen Höhen auch schon groß erwarten? Neben all den gewöhnungsbedürftigen Geräuschen sorgte am Ende aber eine Familie von Mäusen dafür, dass es mit dem erholsamen Schlaf nicht so recht klappen wollte. Die Tiere waren die ganze Nacht auf der Suche nach Resten von Lebensmitteln, die andere Bergsteiger zurück gelassen hatten. Mein eigenes Proviant hatte ich deswegen sicherheitshalber über eine Schnur an die Decke gehängt.

 

Nach ein paar weniger erholsamen Stunden im Schlafsack hatte ich um 3 Uhr Nachts mit dem Anstieg zum Gipfel begonnen. Die Sicht war dabei sehr eingeschränkt und ich musste mich mit dem Licht der Stirnlampe orientieren. Da der Weg nach wie vor sehr gut zu erkennen war stand dem Vorhaben auch nichts im Wege. Nach knapp einer Stunde und vielleicht 150 – 200 Höhenmetern, war aufgrund von einsetzendem Schneefall und der daraus folgenden mangelnden Sicht, ein weiterer Aufstieg allerdings nicht mehr möglich. Manchmal muss man eben auch wissen, wann man umkehren muss. Den Traum vom Gipfel und einem freien Ausblick hatte ich zu dem Zeitpunkt eigentlich schon verworfen. Nach dem schnellen Abstieg zurück zur Hütte hatte ich es mir noch einmal im Schlafsack kuschelig gemacht und mir die Zeit mit den Mäusen vertrieben. Mittlerweile waren es derer schon vier und zwar in den unterschiedlichsten Größen. Auch waren die Tiere nun putzmunter und rückten mir wirklich unangenehm auf die Pelle. Somit musste ich alle meine Sachen sichern bevor ich mich halbwegs sicher im Schlafsack fühlen konnte.

Um 8 Uhr war das Wetter unwesentlich besser. Zwar war die Sonne nun schon über dem Horizont und der Nebel um mich hell beleuchtet, aber von einer klaren Sicht war keinesfalls die Rede. Trotzdem wollte ich zumindest die dritte Querung erreichen, von der aus es nur noch ein paar hundert Meter Luftlinie bis zum eigentlichen Gipfel wären. Somit folgte ich der gleichen Route wir zur Nacht und konnte meinen Weg um einige Höhenmeter weiter gehen. Die Felsen waren zu diesem Zeitpunkt durch den starken Wind schon stark vereist und ein Höchstmaß an Sicherheit war angesagt. Gegen 09:45 Uhr hatte ich dann mein Ziel erreicht. Laut meiner GPS Karte war ich am Ende des Weges, von welchem es noch über einen weiteren felsigen Ab- und Aufstieg zum eigentlichen Gipfel gegangen wäre. Aufgrund des schlechten Wetters, der späten Stunde und da auch sonst die Trostlosigkeit mit einem Haufen Metallmüll irgendwie ihr Maximum erreicht hatte, hatte ich mich entschlossen die Tour abzubrechen. Das „Gipfelbild“ war dann auch dementsprechend wenig berauschend.

Anstieg Itza
Im Fels mit Schneewehen

 

Karte Itza
Screenshot Maps.me

Und somit war die Besteigung des Iztaccíhuatl am Ende eine auf den ersten Blick erfolglose Tour. Dennoch war ich glücklich den Anstieg gewagt zu haben. Ich war zu keiner Zeit an meinen körperlichen Grenzen gestoßen. Somit gibt mir jene Besteigung Selbstvertrauen für weitere Abenteuer in den Bergen und vielleicht schaffe ich es ja noch einmal zurück zu den Zwillingsvulkanen.

Gefunden hatte ich außerdem jene Ruhe, welche man nur in den einsamen Bergen finden kann. Auch wenn die Aussicht nicht berauschend war, einfach nur ruhig in der Natur zu sitzen, auf +- 5100 Höhenmeter, den Wind und das frostige Wetter zu spüren, das sind schon auch irgendwie ganz besondere Momente.

Der Abstieg ging ziemlich flott voran. Nur die eigentlich unnötigen Bonuskilometer hätte ich mir wirklich gerne gespart. Aber etwas Sport tut dem Körper ja schließlich auch gut…

Und nun hier noch der kurze Vlog von der Tour. Falls jemand die Besteigung schon einmal gemacht hat, würde mich wirklich interessieren, was nach dem Haufen Metallschrott noch gekommen wäre… ;-)

 

 

Besteigung des Orizaba – höchster Vulkan Mexikos

Besteigung des Orizaba in Mexiko – 5636 Meter

 

„Immer den Träumen hinterher!“

 

Euer Martin

 

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