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Beerdigung

Die tote Wöwe vor meinem Zelt
Die tote Wöwe vor meinem Zelt

N 77°26.706′, W 51°04.035′. Das sind unsere Koordinaten. Wer Lust hat kann diese ja einmal auf einer Karte suchen. Ziemlich schnell wird derjenige feststellen wie abgeschieden das Leben hier ist. Mit großem Aufwand werden wir hierher gebracht. Alleine, ohne Ausrüstung, wäre es der sichere Tod sich auf den Weg zu begeben. Unmöglich. Umso erstaunlicher, dass es manchmal kleine und größere Vögel bis hierher schaffen. Von der Küste abgedriftet irren sie umher, meist bis zum letzten Herzschlag, ohne Ausweg. Ein Flug ins Nirgendwo.

Es ist schon spät. Der Tag vorüber. Ich begebe mich vom Maindome zu meinem Zelt, welches etwas abseits vom Camp steht. Es dauert eine Weile bis ich durch den tiefen Schnee watschle. Seelisch bereite ich mich schon auf den Schlafsack und den benötigten Schlaf vor, bin müde genug. Da ist es ja schon. Gelb, schön groß und mittlerweile, wie immer, etwas eingedriftet. Als ich mich zum Eingang begebe schrecke ich zurück. Ein größerer Vogel liegt direkt davor. Leblos, er ist tot. Die braunweißen Federn bewegen sich im Wind. Ich sehe genauer hin. Eine Seemöwe. Was zum Teufel? Eigentlich ein schönes Tier ohne jeglichen makel.

Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich hier einen toten Vogel sehe. Aber direkt vor meinem Zelteingang? Das kommt bestimmt nicht so oft vor. Das Tier hat wahrscheinlich versucht im Zelt Schutz zu finden. Vergebens, in dessen Not. Was tun? Wird wohl eine Beerdigung geben.

Ich besorge mir eine Schaufel und grabe, irgendwo im frischen Firn, ein kleines Loch. Die letzte Ruhestätte des kleinen Freundes. Eiskalt, erstaunlich leicht liegt er in den Händen. Behutsam lege ich ihn in das Grab und schaufle es zu. Sogar ein kleines Kreuz zeichne ich in den Schnee.

Ruhe schön!

Gute Nacht.

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