Schon seit Stunden liege ich wach, versuche wieder den Schlaf zu finden. Tief im Schlafsack eingemummt blicke ich durch die kleine Öffnung. Es ist taghell. Die gelbe Zeltplane leuchtet. Draußen ist es ruhig. Kein Rascheln vom Wind oder Schnee. Nur der Generator ist weit in der Ferne zu hören. Auf Rücken, Bauch und der Seite hab ich es probiert. Mit und ohne Kapuze. Schlafsack auf und zu. Nichts. Nein jetzt scheint mein Körper einfach keine Ruhe zu wollen. Eigentlich ist es doch so gemütlich hier. Mühsam lässt sich der dicke Daunenschlafsack öffnen. Die kalten Klamotten liegen bereit. Ich muss jetzt einfach raus. Na toll.
Wenig später finde ich mich watschelnd über den Schnee wieder. Richtung Main Dome wo es warm ist und vielleicht noch etwas Essen zu finden ist. Die Schuhe sind noch auf, einen kleinen Schlafsack trage ich über die Schulter. Verschnupft bin ich auch noch ein wenig. Vielleicht noch einen schönen heißen Tee? Drinnen angekommen gehe ich in die Küche. Ein Stück Kuchen liegt noch vom Vortag bereit. Genau richtig. Ich steige nach oben in den zweiten Stock. Auf Tee kochen hatte ich keine Lust. Der Blick aus dem riesigen Panoramafenster ist wie immer atemberaubend. Die Sonne steht tief und lässt die Eisdecke gerade besonders schön leuchten. Der Horizont ist klar – keine Wolke zu sehen.
Immer noch hellwach schalte ich den Computer an und schreibe diese Zeilen. Anstrengend waren die letzten Tage. Von morgens bis abends war ich stets beschäftig. Samstag nach der Kaffeepause fing alles mit einem Kurzschluss im Drilltrench an. Später Stromausfall bei den Wissenschaftlern im Keller. Alles noch einfache Geschichten. Als aber dann noch die Winde des Eiskernbohrers ausfällt war die Ruhe endgültig vorbei. Mittlerweile sind die einzigen 2 Motoren durchgebrannt. Nichts geht mehr. Das ganze System ist einfach überlastet. Notdürftig versuchen wir seit gestern noch eine provisorische Lösung zu finden. Ausgang ist noch nicht absehbar.
Abends schlief ich die letzten Tage meist beim Lesen eines Buchs ein. Meistens bin ich dabei keine 3 Seiten weit gekommen. Es sind anstrengende Tage. Aber trotzdem schön. Der Kopf ist frei und ganz ohne Spaß passiert hier nichts.
Es ist jetzt 2:45 Uhr am Dienstag den 31. Mai. Draußen hat es -27.8 Grad. Nicht weit von mir steht ein Sofa. Direkt am Fenster. Oder doch wieder in das Zelt?