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Wüstentour Teil 5

Ein letztes Mal laufe ich eine der Dünen hoch. Es ist kurz vor Sonnenaufgang. „Jana – komm doch. Die Sonne geht gleich auf“, schreie ich zum Zelt hinunter. Voller Vorfreude auf die ersten Sonnenstrahlen laufe ich noch weiter in das Erg hinein. Lange Schatten verzaubern das Landschaftsbild. Schatten und Sand, mehr braucht es nicht. Fast noch schöner als gestern Abend stellt sich die Wüste dar. Als wolle sie sich gebührend von uns verabschieden, ihre beste Seite zeigen. Es ist noch ziemlich kühl und frisch. Die Nacht war sehr kalt und es fiel uns schwer den Schlaf zu finden. Mittlerweile ist Jana bei mir. Ziemlich geschlaucht sieht sie noch aus. Sie sieht mich leidig an. Zum Glück habe ich diese Phase schon hinter mir.

Es ist Zeit wach zu werden. Immer schöner wird die Szenerie. Die Sonne schenkt uns zunehmend wärmere Strahlen, erweckt die Wüste zum Leben. Eine ganze Weile stehen wir noch da, blicken verträumt in die Ferne. Mit seiner ganzen Schönheit hat uns dieser Ort in seinen Bann gezogen. Eine neue Liebe ist erwacht. In diesen einzigartigen Fleck unserer Welt. Viel Abenteuer scheinen hier noch verborgen. Die Horizonte endlos. Die Sahara.

 

Düne im Schatten
Düne im Schatten

 

Wir packen zusammen und machen uns auf den Weg. Bis nach Mhamid zurück müssen wir es heute schaffen. Mehr Spielraum lässt unsere Ausrüstung und das Proviant nicht zu. Als alles verpackt und festgezurrt ist kontrolliere ich noch einmal unsere tapfere Honda. Alles Ok. Es geht los. Wir kämpfen uns wieder durch den tiefen Sand. Wo es möglich ist versuche ich die Dünen geschickt zu umfahren. Einige Male fährt sich das Motorrad fest. Der Untergrund ist einfach zu weich. Mit höherer Geschwindigkeit könnte man zwar leichter über die Dünen „surfen“. Zu zweit ist mir das allerdings zu riskant. Also lieber öfters das Hinterrad freigraben. Einfach mit den Händen wie früher im Sandkasten.

Auch der erste Sturz bleibt nicht aus. Halb so schlimm im weichen Sand. Kraftraubend ist es  trotzdem die Maschine immer wieder aufzustellen. Viel körperlicher Einsatz ist in den Dünen gefragt. Immer wieder bin ich erstaunt wie unkompliziert die Honda ist. Alle Schläge steckt sie mühelos ein. Schnurrt beim drücken des Anlassers wie ein Kätzchen. So kämpfen wir uns durch. Mitten durch das Nichts hier draußen. Abseits befestigter Straßen und Zivilisation. Jana muss des Öfteren absteigen während ich mich auf der Enduro durch den Sand wühle. Irgendwann erreichen wir wieder die ersten Dünen des Erg Chegaga. Wir lassen die Wüste hinter uns. Emotional gerührt drehe ich mich ein letztes Mal um. Die Dünen sehe ich nur noch im Rückspiegel.

 

 

Wir nehmen eine andere Route zurück. Nach Kompass und GPS orientieren wir uns einfach nach Westen. Den vielen Pfaden kann man nur bedingt folgen. Wieder liegt eine weite Ebene vor uns. Zur rechten kleine, nur meterhohe Dünen. Zur linken Schotter und Geröll, in der Ferne das Gebirge. Der Untergrund ist fest und ich gebe Vollgas. Der Wind lässt den Turban Flattern. Jana spreizt ihre Arme und spielt den freien Vogel. Kilometerlang geht es so dahin bis sich wieder lange Steinpisten breit machen. Ab hier geht es wieder langsam tuckernd voran.

Öfters halten wir an, genießen die Aussicht und machen Fotos. Spontan eröffne ich in einem flachen Stück die „Wüstenfahrschule Leonhardt“. Motorradfahren leicht gemacht. Jana bekommt ihre erste Fahrstunde. Schnell lernt sie den ersten Gang kennen und zieht ihre Kreise. Mit dem Anfahren hapert es noch etwas, aber Übung macht ja bekanntlich den Meister. Auch bremsen will gelernt sein. „Soll ich denn mal in den zweiten Gang schalten?“, fragt sie mich. „Platz ist ja genug“, antworte ich. Klappt alles wunderbar und irgendwann ist auch der dritte Gang kein Problem mehr. Sie strahlt. Die Rückfahrt überlässt sie dennoch mir.

Auf dem Weg treffen wir noch einheimische Nomaden. Sie ziehen mit ihrer Schafherde dahin. Womöglich zu der Wasserstelle vom Vortag. Sie grüßen uns sind aber sehr schüchtern und zurückhaltend. Wir sind erstaunt wie diese Menschen es schaffen hier draußen ein Leben zu meistern. Gerne möchte ich mehr über sie erfahren. Leider ist die Zeit begrenzt. Hoffentlich schaffen diese Menschen es ihren Lebensraum für die Zukunft zu erhalten. Später kommt uns noch ein Eselskarren entgegen. Ein Mann und eine Frau sitzen oben auf. Wir halten an und sind gespannt was passiert. Der Mann schenkt uns ein Lächeln während die Frau auf uns zukommt und uns billigen Schmuck verkaufen will. Solche Situationen sind immer schwierig. Brauchen wir die Sachen doch nicht und wissen trotzdem, dass diese Menschen hier wohl sonst nicht viel Einkommensquellen haben. Mit gemischten Gefühlen fahren wir weiter.

 

Nur noch 2,8 Kilometer über die Sanddünen
Nur noch 2,8 Kilometer über die Sanddünen

 

Irgendwie scheinen wir einen schlechten Pfad gewählt zu haben. Zwar ist die Piste leicht zu befahren. Laut GPS entfernen wir uns aber immer weiter von der direkten Strecke nach Mhamid. Zwar sollte der Sprit für 200km reichen. Nach 120 gefahrenen Kilometern und den spritraubenden Wüstenfahrten bin ich doch skeptisch. Ich werfe einen Blick in den Tank.  Mhamid liegt zur rechten aber über Kilometer kommt keine Abzweigung. 2,79 Kilometer Luftlinie. Wir entscheiden uns querfeldein zu fahren. Eine flache Schotterpiste erstreckt sich vor uns. Langsam umfahre ich große Gesteinsbrocken. Wir kommen dem Ziel immer näher. Meter für Meter ohne zu wissen ob die Strecke wirklich zum Ziel führt.

Und da sind sie wieder. Kurz vor dem Ziel. Die kleinen Dünen um Mhamid. Jene welche wir vor kurzem noch mit dem Kamel durchschritten haben. 1,5 Kilometer sind es noch. Im Notfall könnten wir also immer noch laufen. Wir versuchen links und rechts an dem Gebiet vorbei zu fahren. Aber auch hier scheint es keinen markierten Weg hindurch zu geben. Also dann – direkt ab durch die Mitte. Kann ich zeigen was ich in den großen Dünen gelernt habe. Ein Kamel wäre wohl besser gewesen.

 

Einsamer Baum
Einsamer Baum

 

Die Sonne steht hoch. Es ist schon nach Mittagszeit. Jana hat ihren Soziaplatz schon lange aufgegeben. Mit einer Flasche Wasser stiefelt sie durch den Sand. Ihren Jethelm hat sie immer noch auf. Unmöglich ist es zu zweit über die Dünen zu springen. Alleine quäle ich mich durch. Der Sand ist einfach zu weich. Die Stürze bleiben nicht aus. Nach dem 5ten hab ich aufgehört zu zählen. Wenn die Maschine liegt dann liegt sie. Mit dem Rücken zur Maschine stelle ich diese immer wieder auf. Sand in jeder Ritze. Der Schweiß tropft mir von der Stirn. Mehrere Pausen benötige ich um zu Kräften zu kommen. Zum Glück haben wir noch genügend Wasser dabei. Immer wieder halt ich oben auf den Dünen an um einen Überblick zu bekommen, eine günstige Route zu finden. Es ist wirklich schwer die Strukturen im Sand zu lesen.

Irgendwie kommen wir schließlich durch. Als wir unserer Herberge wieder sehen sind wir sichtlich erleichtert. Wir freuen uns auf ein köstliches Essen im Restaurant von Mhamid. Jana kippt haufenweise Sand aus Ihren Schuhen. Ich habe den Sand ohnehin überall und spare mir die Mühe.

Was für eine Tour. Wir haben die Wüste hinter uns gelassen, sie erzwungen, bekämpft, gefühlt und gelebt. Wunderbare Erinnerungen hat sie uns gegeben. Wir kommen bestimmt wieder zurück. Die Fahrt zurück nach Marrakesch ist da nur noch Standard.

 

Ankunft im Restaurant
Ankunft im Restaurant

 

Danke – Ende.

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Hier geht es zu Wüstentour Teil 1

 

Ein Kommentar on Wüstentour Teil 5

  1. Hallo

    Also wirklich – ich beneide euch beide wirklich um diese tolle Reise in die Wüste. Bin ja schon gespannt was als nächstes kommt. Auf Twitter ließt man ja immer mal wieder was.

    Gruß Erich

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