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Im Interview – Wetterfotograf Dennis Oswald

Tornado_Rago

Tornado_Rago

Die Abenteuerfotografen gehen in die zweite Runde: Nachdem Stefan Christmann vor knapp zwei Monaten den Anfang machen durfte, ist nun Wetterfotograf Dennis Oswald am Start.

Auf Dennis bin ich vor mehr als fünf Jahren aufmerksam geworden. Es war ungefähr zu der Zeit, als ich angefangen hatte mich intensiver mit dem Thema Fotografie zu beschäftigen. Die Bilder von Blitz und „Donner“ (kann man wohl schlecht fotografieren) hatten mich sofort begeistert und via Internet hatten wir auch schon gelegentlich Kontakt, um Informationen über die Fotografie und das Reisen auszutauschen. Ich freue mich also sehr das Dennis Zeit für mein kleines Interview hatte.

Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen. Die Antworten sind einmal mehr höchst interessant und informationsreich.

 

 

Mehr über Dennis findet ihr hier:

 

Dennis Oswald
Dennis Oswald

 

 

Folgt ihm und schaut unbedingt auf seiner Homepage vorbei!

 

 

Interview:

 

Das Pfingstunwetter 2014, welches Düsseldorf und das Ruhrgebiet verwüstet hat.
Das Pfingstunwetter 2014, welches Düsseldorf und das Ruhrgebiet verwüstet hat.

 

Freiheitenwelt:
Wie bist Du zur Fotografie gekommen und was genau begeistert dich am meisten daran. Wie lange fotografierst du schon?

Dennis Oswald:
Meine Mutter hat während unseren Familienurlauben immer eine analoge Spiegelreflex dabei gehabt und ich habe in meiner Jugend die ersten Erfahrungen sammeln können. Durch meine Interesse für die Natur und speziell das Wetter habe ich in der Folge angefangen meine Erlebnisse mit der Kamera festzuhalten. Ernsthaft fotografiere ich seit 2005, als ich mir meine erste eigene Kamera, eine Nikon F50, zugelegt habe.

 

Freiheitenwelt:
Du nennst dich selber Wetterfotograf. Was genau müssen wir uns eigentlich darunter vorstellen?

Dennis Oswald:
Ich versuche die Schönheit von Gewittern und anderen Wettererscheinungen festzuhalten. Ich möchte zeigen, wie faszinierend „schlechtes Wetter“ sein kann, welch unglaubliche Wolkenstrukturen die Natur bieten kann. In meinen Augen gibt es parallelen zu einem klassischen Landschaftsfotografen, da die Natur am Himmel keineswegs aufhört, daher spreche ich gerne von „Himmelslandschaften“.

Der Weg zu einem gelungenen Wetterfoto ist nur ein anderer. Während Landschaften sich über Millionen von Jahren verändert, hat der Landschaftsfotograf Zeit ein bestimmtes Motiv zu erstellen und vorher zu planen.

Während ich ein Gewitter fotografiere verändert dieses sich innerhalb von Minuten. Ich weiß zuvor nicht an welchem Ort ich mein Motiv sehen werde und das macht die Planung eines Fotos nahezu unmöglich. Ich muss vor Ort innerhalb weniger Minuten mein Motiv fotografiert haben, mich auf die örtlichen Gegebenheiten einstellen und es so nehmen, wie ich es vorfinde. Ein Landschaftsfoto erstelle ich mit großer Ruhe, während ein Wetterfoto eine gewisse Hektik durch die fehlende Zeit entsteht. Da jedes Gewitter ein Unikat ist sind diese Motive für mich besonders reizvoll.

 

Blick vom Glacier Point im Yosemite Nationalpark
Blick vom Glacier Point im Yosemite Nationalpark
Die sogenannte Subway im Zion Nationalpark in Utah, September 2013
Die sogenannte Subway im Zion Nationalpark in Utah, September 2013

 

Freiheitenwelt:
Du bist oft auf Reisen, insbesondere in den USA. Du bringst immer diese tollen Bilder von deinen „Wetterexpeditionen“ mit. Wie genau bereitest du dich auf deine Reisen vor? Warum die USA?

Dennis Oswald:
Die Hauptsaison für Gewitter ist in den USA zwischen April und Juni, daher fängt meine Planung meist im Dezember des Vorjahres an.
In der Regel lege ich einen groben Zeitraum von 4 Wochen für meine Expedition fest und schaue in der Folge nach Flugtickets. Nachdem ich die Tickets gekauft habe, buche ich einen Mietwagen und Auslandskrankenversicherung. Vor der Reise bestelle ich mir einen mobilen Internetzugang und kontrolliere meine Fotoausrüstung, sowie meinen Laptop mit der nötigen Software. Ich nutze eine spezielle Software, die mich mit den aktuellen Wetterdaten versorgt, damit ich die Gewitter und somit meine Motive finden kann. Da ich meist erst ein bis zwei Tage vorher weiß, an welchem Gewitter zu erwarten sind, bereite ich mich nicht weiter auf meine Reise vor und schaue erst vor Ort von Tag zu Tag, wo das Wetter mich hinführt.

Die USA bieten neben einer guten Infrastruktur günstigen Reisebedingungen die besten Geographischen und klimatischen Bedingungen für die stärksten und schönsten Gewitter. Die unendlichen Weiten der Great Plains und die dünne Population erlauben es, sich den Gewittern sicher zu näher und auch wieder zu entfernen. Das gute Strassennetz bietet eine schnelle und unkomplizierte Navigation und Motels oder Campingplätze gibt es an nahezu jeder Ecke.

Die Lage der Rocky Mountains, der Golf von Mexiko im Süden und die kalte Polarluft im Norden Kanadas machen die geographischen und klimatischen Besonderheiten aus und schaffen die Bedingungen für wunderbare, aber auch gefährliche Wetterphänomene.

 

Ein Tornado im Sonnenuntergang in der Nähe von Rozel, Kansas Mai 2013
Ein Tornado im Sonnenuntergang in der Nähe von Rozel, Kansas Mai 2013
Eine Superzelle taucht in die Nacht bei Decatur,Texas im Mai 2009
Eine Superzelle taucht in die Nacht bei Decatur,Texas im Mai 2009

 

Freiheitenwelt:
Deine Bilder von Tornados, Superzellen, Blitzen und dunklen Wolken können ganz schön beängstigend wirken! Wie ist es eigentlich möglich inmitten von einem Unwetter noch eine ruhige Hand für den Auslöser zu haben? Ich stelle mir das mitunter auch gefährlich vor.

Dennis Oswald:
Ich begebe mich niemals inmitten eines Unwetters, da dies wirklich zu gefährlich wäre. Ich versuche vielmehr am Rand zu bleiben, also ausserhalb von Wind, Hagel, Regen und Blitzen. Dort würde ich nichts sehen, keine Motive, nichts. Am Rande des Unwetters kann ich sehen, wie es sich verhält und darauf reagieren und gegebenenfalls mich entfernen. Blitzschlag ist zwar immer ein Thema, aber in den Bereichen wo ich ein Gewitter fotografiere ist die Gefahr von einem Blitz getroffen zu werden geringer als mitten im Unwetter. Vielmehr machen mir die Klapperschlagen zu schaffen, die oft in den Great Plains zu finden sind. Da muss man schon aufpassen, ob da nicht was im Gras liegt.

 

Freiheitenwelt:
Deine Bilder sind wirklich atemberaubend! Welche Kamera ist bei Dir im Rucksack und was für ein Setup hält du am liebsten in den Händen? Schützt du deine Ausrüstung irgendwie?

Dennis Oswald:
Danke für das Lob, das freut mich sehr! Ich habe eine Nikon D700 und eine Nikon D800. Als Objektive kommen ein Nikon 14-24mm f/2.8 und ein Nikon 24-120mm f/4 zum Einsatz. Am liebsten nutze ich die D800 mit dem 14-24er damit ich viel von den Gewittern in einem Bild einfangen kann.
Meine Ausrüstung schütze ich nicht besonders. Ich muss nur aufpassen, dass der starke Wind, der im Einzug eines großen Gewitters Orkanstärke erreichen kann, nicht die Kamera samt Stativ wegweht. Dies ist mir leider letztes Jahr passiert, aber die Kamera ist zum Glück, ohne Schaden zu nehmen, einige Meter weiter im Gras gelandet.

 

Zabriskie Point im Death Valley Nationalpark
Zabriskie Point im Death Valley Nationalpark

 

Freiheitenwelt:
Welche Gedanken beschäftigen dich während des Prozesses der Fotografie? Vom Klick des Auslösers bis zum fertigen Bild nach der Bildbearbeitung!

Dennis Oswald:
Da gibt es Unterschiede zwischen den Wetterfotos und den Landschaftsaufnahmen. Wenn ich Landschaften fotografieren gehe habe ich meist ein fertiges Foto im Kopf und versuche dieses umzusetzen. Oftmals kommen mir auch völlig neue Gedanken vor Ort und die Kreativität nimmt seinen Lauf. Dies ist der Idealfall, wenn ich richtig in den Fluss komme und mir immer neue Motive in die Augen schiessen.

Bei der Wetterfotografie weiß ich nicht was mich erwartet. Ich werde mit der Situation und dem Motiv konfrontiert und muss umgehend handeln. Ich muss den Vordergrund den ich zur Verfügung haben nutzen und kann mir keinen neuen suchen. Das Licht muss ich so nehmen wie es ist und kann nicht auf besseres Licht warten. Das Gewitter wartet nicht auf mich, eine Landschaft schon.

Ich entwickle meine Fotos oft erst Tage, wenn nicht Wochen nach der Aufnahme, da ich einen gewissen emotionalen Abstand zu dem Erlebnis brauche. Dann erziele ich die besten Ergebnisse ich lasse mich nicht von meinen Gefühlen ablenken, die das Foto ansonsten nicht so aussehen lassen, wie ich es mir vorstelle.

 

Freiheitenwelt:
Du sudierst Meteorologie? In wie weit hilft dir dein Wissen über Wetter und Klima bei deinen Fotoabenteuern?

Dennis Oswald: Ich mache einen Abschluss in Geographie mit dem Nebenfach Meteorologie. Es hilft mir soweit, dass ich Wettermodelle lesen kann und dadurch den Weg zu meinen Motiven, also zu den Gewittern finde. Ich weiß, was für mich gefährlich werden kann und worauf ich achten muss um meine Sicherheit zu gewährleisten. Die Geographie hilft mir dabei neue Landschaftsmotive zu finden und diese in Szene zu setzen.

 

Eine Superzelle mit Sonnenuntergang in der Nähe von Howard, Kansas im Mai 2014
Eine Superzelle mit Sonnenuntergang in der Nähe von Howard, Kansas im Mai 2014
Eine Superzelle überquert einen Highway nördlich von Pratt,Kansas im Mai 2014
Eine Superzelle überquert einen Highway nördlich von Pratt,Kansas im Mai 2014

 

Freiheitenwelt:
Lassen wir die Kamera einmal außen vor. Wenn du irgendwo in der weiten Landschaft stehst und in der Ferne deine absolute „Traumwolke“ siehst. Wenn der Wind langsam stärker wird und die um die Ohren bläst. Was genau empfindest du in diesem Momenten?

Dennis Oswald:
Ich bin schon immer gerne in der Natur gewesen, ganz gleich ob irgendwo in der Landschaft oder in der Nähe von Gewittern. Es ist einfach wunderbar zu sehen und zu spüren, wie die Natur funktioniert. Wenn der Wind zu nimmt und die Wolken größer werden kann man sehen, was dort am Himmel passiert und vor allem auch mit welcher Geschwindigkeit. Man spürt es unmittelbar. Es ist heiß, es ist schwül, der Wind wird stärker, der Himmel verändert sich und man ist inmitten dieses Prozesses eingebunden. Gerade in den Great Plains mit dieser Weite bekomme ich ein unbeschreiblich großes Gefühl von Freiheit und Zufriedenheit.

 

Freiheitenwelt:
Hast du neue Ziele, neue Projekte, neue Fotografien in Aussicht?

Dennis Oswald:
In Zukunft wird das Wetter natürlich weiter eine zentrale Rolle meiner fotografischen Arbeit behalten, aber ich plane eine Tour nach Skandinavien oder Island um Polarlichter zu sehen und zu fotografieren. Weitere Landschaftstouren sollen in den USA Washington State mit Mount Rainier und Mount St. Helens sein. Ausserdem denke ich über Bolivien und Chile nach.

 

Freiheitenwelt:
Welche Orte, die du bis jetzt besucht hast, würdest du anderen Natur- und Landschaftsfotografen wärmstens empfehlen? Es muss ja nicht gleich inmitten eines Wirbelsturm gehen.

Dennis Oswald:
Mir hat das Death Valley in Kalifornien sehr gut gefallen, da es so vielfältig ist. Der Valley of Fire State Park nördlich von Las Vegas ist relativ klein bietet dafür aber tausende tolle Motive und man ist nahezu völlig alleine. Ein weiterer Höhepunkt wäre die Bisti Wilderness im Norden von New Mexico. Hier habe ich mich wie auf einem fremden Planeten gefühlt. Die Gegend um Page, Arizona bietet nicht nur den berühmten Antelope Canyon sondern hunderte weitere Landstriche, die es zu entdecken gilt und nicht schon tausendfach fotografiert wurden. Ein Ort, der mich immer wieder fasziniert ist der Badlands Nationalpark in South Dakota. Eine unbeschreiblich schöne Landschaft inmitten der endlosen Prärie. Hier ist vor allem der Nachthimmel ein absolutes Must See!

 

Eine Superzelle in der Nähe von Henrietta Texas, Mai 2014
Eine Superzelle in der Nähe von Henrietta Texas, Mai 2014
Großes Gewitter über der Wüste von New Mexico im Mai 2012
Großes Gewitter über der Wüste von New Mexico im Mai 2012


Freiheitenwelt:

Zum Schluss – noch einmal! Deine Bilder sind absolutes Profiniveau. Planst du eventuell auch ein Buch, Vorträge oder weitere Ausstellungen deiner Werke? Kannst du damit nicht evtl. deine Ausrüstung und mehr finanzieren?

Dennis Oswald:
Ich werde am Wochenende des 13./14.06. eine Ausstellung im Rahmen des Kulturamtes in Neuss haben. Eine weitere große Ausstellung ist für November 2016 in Tauberbischofsheim geplant. Aktuell arbeite ich an einem Bildband, aber das ist ein langfristiges Projekt. Vorträge sind in Planung und die Termine dafür werden demnächst bekanntgegeben.

Leider ist die Wetterfotografie noch in einer Nische und nicht in dem Maße anerkannt wie die klassische Landschaftsfotografie. Ich werde oft nur als verrückter Sturmjäger gesehen, wie man sie aus dem Fernsehen kennt. Nachdem ich den Interessierten erkläre, wie ich die Dinge sehe, die ich mache, erkennen sie den Unterschied und sehen die Fotografie, die dahinter steckt. In den letzten Jahren ist die Entwicklung absolut positiv und ich bin guter Dinge, dass mein Genre noch mehr Anerkennung finden wird. Sowohl im Kunstgewerbe als ich in den Medien und im Outdoorbereich.

 

Freiheitenwelt:
Vielen Dank Dennis und noch viele weitere schlecht Wetter Abenteuer. Wir sehen uns sicherlich noch irgendwann in den Staaten. Versprochen ! ;-)

 

 


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Ein Kommentar on Im Interview – Wetterfotograf Dennis Oswald

  1. Ein schöner Beitrag. Ich liebe es, die Natur zu beobachten und solche wunderbaren Wetterschauspiele zu sehen. Meine Kamera habe ich auch immer dabei und werde sie auf meine Reise sicherlich wieder mitnehmen. Es ist toll, dass man diese Momente bildlich festhalten kann.

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Das ist ein Artikel den ich eigentlich gar nicht schreiben möchte. Am Abend meines Geburtstages erreichte…