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Der Kobold in der Kamera

Früher waren Fotoapparate einfache Geräte. Sie waren aus Holz gezimmert, hatten vorne ein einziges, winziges Loch und waren dem Bediener meist mit einer Lederschlaufe um den Hals gehangen. Die Konstruktionen waren schwer und groß, aber nicht größer als das ein normal gewachsener Mensch, Mann oder Frau, sie tragen konnte. Eine Kamera tut folgendes: Sie erstellt ein Abbild der Wirklichkeit. Das nennt man dann eine Fotografie, Foto oder auch Bild. Eine Kamera hält einen Moment der Zeit fest. Sie arbeitet normalerweise im Rechteck. Bilder sind 2D Objekte, gedruckt auf Papier oder anderem Material. Die wirkliche Welt ist 3D in 360°, ungedruckt und real in ständiger Bewegung. Das ist das was man normalerweise mit seinen Augen sehen, mit seiner Nase riechen und mit den Ohren hören kann. Wenn du das hier lesen kannst lebst du in solch einer Welt.

Früher hatte solch ein Fotoapparat auch einen Schlitz. Dort kamen dann manchmal die rechteckigen, kleinen Papiere raus. Jene wiederum waren mit dem Abbild der Wirklichkeit „bemalt“. Manchmal deswegen, da alles vom Wichtigsten eines solchen Fotoapparates abhing. Der Technik im Inneren. Das ist auch heute noch so, schließlich macht ja der Apparat das Bild und nicht der Bediener. Das ist so wie in der Küche. Dort kocht ja schließlich auch der Herd und nicht der Koch. Seis drum… Früher lebte in solch einer Kamera nämlich immer ein kleiner Kobold. Kobolde waren wirklich winzig. Es gab sie dick und dünn, faul, träge oder hyperaktiv. Sie konnten lustig, hinterlistig, sogar böse oder auch gefährlich sein. Die meisten waren lieb und von ruhigen Gemüt. Kobolde sind mittlerweile ausgestorben. Kobolde waren klein, grün und haben nicht gesprochen.

Die Aufgabe dieser Kobolde war es in Millisekunden jene Bilder mit unterschiedlichsten Farben und Formen zu erschaffen. Manche Kobolde waren farbenblind und deswegen gab es auch viele Fotografien in schwarz und weiß. Somit öffnete der Bediener eines solchen Fotoapparates kurz das kleine Loch, damit der Kobold einen Blick auf die Welt außerhalb der Holzkiste werfen konnte. Kobolde waren Meister der Auffassung von Details, hatten super Gehirne und konnten blitzschnell ihre Aufgabe erfüllen. Durch den Schlitz im Apparat wurde das fertige Bild dann an den Bediener gegeben. Das Ganze dauerte meist keine 10 Sekunden. Für gewöhnlich schliefen die Kobolde nach getaner Arbeit. Ernähren brauchte man sie nicht.

Diese Zeiten sind natürlich Geschichte. Nun sind wir modern. Es leben viele kleine Chips, Elektronikteile, im Inneren eines solchen Fotoapparates. Chips sind kleine Teile aus Plastik, Kupfer, Aluminium und Silicium. Durch sie fließt Strom, kleine Elektronen die immer negativ geladen sind. Mit Hilfe der schlecht gelaunten Elektronen können die vielen Chips miteinander kommunizieren. Ihre Sprache sieht dann so aus. 001010011110101001010011110101. Solche Chips gibt es seit 1949. Ausssterben werden sie nach dem Untergang der Menschheit.

Die Kisten selber sind nun aus Plastik und Metal gefertigt. Es gibt sie nun in supergroß und miniklein. Früher gab es nur wenige Bediener von den großen Bildkisten. Heute gibt es mehr Fotoapparate auf dem Planeten als Menschen die sie bedienen können. Gute Bediener gibt es auch immer weniger. Täglich landen 6 Billionen Fotos im Internet. Auch im Rechteck aber nicht auf Papier. Das Internet ist ein Paralleluniversum, das sich die vielen Bediener erschaffen haben, da ihre wirkliche 3D Welt nicht mehr groß und aufregend genug war. Für die meisten Bediener von Fotoapparaten ist es das Ziel so viele Abbildungen aus ihrer realen 3D Welt in das künstliche 2D Universum Internet zu schieben. Dort verbringen dann auch die meisten Benutzer ihre Lebenszeit. Das Internet Universum wird über kleine und große, rechteckige Portale betreten. Auch von denen gibt es mehr als Menschen auf dem Planeten.

Die Chips haben viel Arbeit übernommen und helfen dem Bediener so wenig wie möglich denken zu müssen. Die Fotoapparate ändern sich also stetig, die Welt um uns tut es aber nicht. Sie ist noch immer 3D und eine Fotografie ist am Ende noch immer rechteckig und 2D. Beides wird sich auch in Jahrhunderten nicht ändern. Warum nun also moderne Technik bessere Bilder „mahlt“ als ein Kobold erschließt sich mir nicht, schließlich hat der Bediener die Augen und entscheidet wie schon vor hundert Jahren was am Ende auf der Fotografie landen soll… So sollte das zumindest sein.

Für alle Techniknerds und Menschen die immer der neusten Technik hinterher rennen. Nehmt euch mal Zeit zum Fotografieren und seht die Welt – nicht eure Ausrüstung. Euer Martin…

Danke an Terry Pratchet, die Scheibenwelt, Truhe, Rincewind und dem ersten Touristen. Gedanken ziehen oft Jahrelang ihre Kreise.
Martin


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2 Kommentare on Der Kobold in der Kamera

  1. Ein Foto wird immer ein Foto bleiben. Aber doch entwickelt sich die Technik weiter. Ich persönlich finde z.B. ein 360 Grad Panorama sehr spannend. Erhält man so den Eindruck mit dabei zu sein als das Foto entstanden ist und man kann sich selbst umschauen.

  2. Ich habe mit 19 meine erste Spiegelreflex-Kamera gekauft (700DM) und die funktioniert heute noch. Auch die alten Geräte von Opa&Oma, alle einwandfrei. Bei den Digicams ist das anders. Die erste Canon (200$) nach 13 Monaten kaputt, 2x Cam war auch nicht besser, saugte die Akkus leer, sobald im Gerät (auch auf aus).
    Jetzt die erste gute Cam, eine Lumix DMC, tolle Fotos, viele Funktionen, auch 360° Fotos… die 250.000 Besucher auf Google+ kommen da wohl her. ICH bin ja eher ein Knipser… ;-)
    Gute Cams können einen guten Fotografen nicht ersetzen. Egal ob analog oder digital. Wer sich morgens um 5 den Wecker stellt, um im ersten Büchsenlicht ein „Album-Foto“ zu machen (oder 2000), der ist Fotograf. Alles andere sind nur Knipser! Auch wenn nicht jeder, der sich Fotograf nennt (und Motorrad fährt) auch ein guter Fotograf ist… (der mit dem Anhänger). ;-)

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